Sachsen, im Herzen Europas gelegen, profitiert in vielerlei Hinsicht von der europäischen Einigung. Für Sachsen führt deshalb heute kein Weg mehr an der Europäischen Union als einem erfolgreichen Wirtschaftsverband, aber auch als einer Kultur- und Wertegemeinschaft vorbei – einer Wertegemeinschaft, die sich ausdrücklich zu den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit bekennt.
Sachsen wehrt sich allerdings gegen einen „europäischen Zentralstaat“ und pocht auf die konsequente Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips. Danach darf die Europäische Union nur in solchen Bereichen tätig werden, die auf lokaler, regionaler oder nationaler Ebene nicht ausreichend geregelt werden können. Vereinheitlichungen darf es also nur dort geben, wo sie unabdingbar sind. Die Unterschiede zwischen den EU-Mitgliedsstaaten und ihren Regionen garantieren die sprachliche, kulturelle, wirtschaftliche und politische Vielfalt in der Einheit, die Europa stark und attraktiv macht.
Der Sächsische Landtag nutzt verschiedene Mitwirkungsmöglichkeiten, um sich beim Zusammenwachsen Europas aktiv einzubringen.
Die zunehmende Bedeutung der europäischen Politik auch für die deutschen Bundesländer und die Ausweitung der EU-Regelungen und Vorschriften haben zur Folge, dass sich auch der Sächsische Landtag in zunehmendem Maße mit Vorhaben der Europäischen Union auseinandersetzen muss. Deswegen gibt es im Sächsischen Landtag mit dem Ausschuss für Verfassung und Recht, Demokratie, Europa und Gleichstellung ein Gremium, in dem die europapolitischen Themen, die auch die sächsischen Bürgerinnen und Bürger berühren, regelmäßig diskutiert werden.
Die Abgeordneten führen regelmäßige Gespräche u. a. mit der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland und den Botschaftern der Staaten, die jeweils die EU-Ratspräsidentschaft innehaben. In der Regel einmal jährlich tagt der Ausschuss in Brüssel, um vor Ort den Dialog mit den EU-Institutionen zu pflegen.
Die Staatsregierung berichtet dem Landtag halbjährlich über Entwicklungen der Europapolitik, die aus ihrer Sicht für den Freistaat Sachsen von grundsätzlicher Bedeutung oder für die Verwirklichung des Subsidiaritätsprinzips relevant sind. Dabei stellt sie die möglichen Auswirkungen auf den Freistaat Sachsen und auf die Gesetzgebungszuständigkeit des Landtags dar.
Seit 2016 unterhält der Sächsische Landtag ein eigenes Verbindungsbüro in Brüssel, das ständigen Kontakt zur Europäischen Kommission, dem Rat der EU und dem Europäischen Parlament sowie zu Vertretern anderer Landtage hält. Zu den Aufgaben des Verbindungsbüros zählt es, die für den Landtag relevanten Vorgänge auf EU-Ebene zu beobachten und die Landtagsabgeordneten frühzeitig auf aktuelle Entwicklungen hinzuweisen. Es ist außerdem Anlaufstelle für die Abgeordneten bei ihrer europapolitischen Arbeit, zum Beispiel für Informationsreisen und Begegnungen in Brüssel. Das Büro befindet sich in den Räumlichkeiten der offiziellen Landesvertretung des Freistaates Sachsen bei der Europäischen Union.
Nach dem Subsidiaritätsprinzip wird die Europäische Union nur tätig, wenn die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf EU-Ebene besser zu verwirklichen sind. Dieser Grundsatz ist in Artikel 5 des EU-Vertrags verankert.
Um sicherzustellen, dass er auch in der Praxis beachtet wird, wurde ein Subsidiaritätsfrühwarnsystem eingeführt. Danach werden die Gesetzentwürfe der Europäischen Kommission den nationalen Parlamenten aller Mitgliedstaaten (in Deutschland: Bundestag und Bundesrat) zugeleitet, die dann binnen acht Wochen Stellung nehmen können, ob gegen den Entwurf im Hinblick auf das Subsidiaritätsprinzip Bedenken bestehen. Seit dem Vertrag von Lissabon (2011) haben die nationalen Parlamente die regionalen Parlamente (in Deutschland: die Landtage) im Rahmen des Subsidiaritätsfrühwarnsystems zu konsultieren. Die Landesparlamente sind dadurch mittelbar in der Verfahren einbezogen.
Die Konsultation erfolgt durch die jeweilige Regierung, die das Land im Bundesrat vertritt. Vor diesem Hintergrund wurde am 20. April 2011 zwischen dem Sächsischen Landtag und der Sächsischen Staatsregierung eine Subsidiaritätsvereinbarung geschlossen. Diese regelt, dass die Staatsregierung die ihr vom Bundesrat übermittelten Gesetzentwürfe der Europäischen Kommission weiterleitet und sein Votum bei der Entscheidung über das Stimmverhalten Sachsens im Bundesrat berücksichtigt.
Das sächsische Parlament leitet seine Stellungnahmen in Subsidiaritätsangelegenheiten darüber hinaus direkt der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament, der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der EU sowie dem Ausschuss der Regionen zu.
Der Landtag pflegt gemeinsam mit der Staatsregierung besonders enge nachbarschaftliche Beziehungen zu Polen und Tschechien, darunter zur Region Böhmen und zum polnischen Verwaltungsbezirk Niederschlesien. Außerdem bestehen seit vielen Jahren sehr gute Kontakte des Landtags zum Großen Rat des Kantons Bern, zum Landtag von Niederösterreich sowie zum Flämischen Parlament. Durch gegenseitige Besuche und Fachgespräche wird der Austausch zwischen den Parlamenten immer weiter vertieft.
Neben dem dafür zuständigen Ausschuss für Verfassung und Recht, Demokratie, Europa und Gleichstellung des Landtags unterhalten auch einzelne Landtagsabgeordnete und Fraktionen eine Vielzahl von inoffiziellen und nicht selten ehrenamtlichen interparlamentarischen Beziehungen.
Daneben engagiert sich der Landtag auch auf anderen Ebenen grenzüberschreitender Zusammenarbeit. In diesem Zusammenhang ist das 2010 von Abgeordneten des Sächsischen Landtags gegründete interfraktionelle parlamentarische Forum Mittel- und Osteuropa zu nennen, das den länderübergreifenden Dialog fördern will, sowie das Forum Mitteleuropa, mit dem das sächsische Parlament eine aktive Rolle bei der Erarbeitung von Perspektiven für die weitere Entwicklung Mitteleuropas einnimmt.
Der Ausschuss der Regionen ist ein beratendes Gremium der Europäischen Union. Er muss vom Europäischen Parlament, dem Rat der EU und der Kommission angehört werden, wenn europäische Gesetzesvorhaben regionale Belange betreffen. Außerdem kann der Ausschuss der Regionen selbst aktiv werden und Initiativ-Stellungnahmen zu europäischen Themen abgeben. Sächsisches Mitglied des Ausschusses der Regionen ist Staatsminister Thomas Schmidt, der zugleich dem Sächsischen Landtag angehört.
Der Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates (KGRE) ist das Organ, das die Gemeinden und Regionen der 47 Mitgliedstaaten des Europarates vertritt. Seine Aufgabe ist es, die Situation der Gemeinde- und Regionaldemokratie sowie die Entwicklung der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung in Europa zu überwachen. Als Stimme der Kommunen Europas setzt er sich für eine bürgernahe Demokratie in der Praxis ein und regt zusammen mit dem Ministerkomitee des Europarates zur Konsultation und zum politischen Dialog zwischen den nationalen Regierungen und den Gemeinden und Regionen an. Eine der Hauptaufgaben des Kongresses ist die regelmäßige Überwachung der Umsetzung der Charta der kommunalen Selbstverwaltung (Monitoring). Hierzu beobachtet er regelmäßig die Gemeinde- und Regionalwahlen in den Mitgliedstaaten.
Der Freistaat Sachsen stellt in der Mandatsperiode 2021 bis 2026 ein stellvertretendes Mitglied. Der Sächsische Landtag hat dafür den Abgeordneten Gerald Otto benannt.
CALRE ist die 1997 im spanischen Oviedo gegründete Konferenz der regionalen gesetzgebenden Versammlungen in der Europäischen Union („Conference of European Regional Legislative Assemblies“). Ihre Mitglieder vertreten 74 Regionen aus acht EU-Mitgliedsstaaten (Deutschland, Österreich, Spanien, Italien, Belgien, Portugal, Finnland und Irland). Sie kommen mindestens einmal im Jahr zu einer Generalversammlung zusammen, unter anderem um die Rolle der regionalen Parlamente im europäischen Entscheidungsgefüge zu stärken und die Mitwirkung der Regionen in Europa zu fördern. Auch der Sächsische Landtag ist durch seinen Präsidenten Dr. Matthias Rößler in der Konferenz vertreten.
Im Rahmen der Partnerschaft der Parlamente (PdP) pflegt der Landtag Beziehungen zu den deutschen Länderparlamenten und den State Legislatures der amerikanischen Bundesstaaten sowie der kanadischen Provinzen.
Der Abgeordnete Peter Wilhelm Patt (CDU) ist einer von drei Vizepräsidenten des Vereins.