Seit April 2011 ist der Sächsische Landtag förmlich an der europäischen Gesetzgebung beteiligt. Die Mitentscheidungsrechte der Volksvertreter regelt die Subsidiaritätsvereinbarung zwischen Landtag und Staatsregierung. Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler und der damalige Ministerpräsident Stanislaw Tillich unterzeichneten die Vereinbarung 2011.
Dabei geht es um Informationspflichten der Staatsregierung gegenüber dem Parlament sowie die Verpflichtung der Staatsregierung, Stellungnahmen des Landtags oder des hierzu ermächtigten Ausschusses bei ihrer Meinungsbildung zu berücksichtigen.
Die Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung obliegt nach der Aufgabenverteilung des Grundgesetzes dem Bundesrat. Dort entscheiden die Staatsregierungen und nicht die Landesparlamente.
Vereinbarung zwischen dem Sächsischen Landtag und der Sächsischen Staatsregierung über die Konsultation des Landtags im Rahmen der Subsidiaritätsprüfung nach den Artikeln 6 bis 8 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit sowie über die Zusammenarbeit in Angelegenheiten der Europäischen Union (Subsidiaritätsvereinbarung)
Im Hinblick auf Artikel 50 der Verfassung des Freistaates Sachsen schließen der Sächsische Landtag, vertreten durch den Präsidenten des Sächsischen Landtags - im Folgenden "der Landtag" - und die Sächsische Staatsregierung, vertreten durch den Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen - im Folgenden "die Staatsregierung" - die nachfolgende Vereinbarung über die Konsultation des Landtags im Rahmen der Subsidiaritätsprüfung nach den Artikel 6 bis 8 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit sowie über die Zusammenarbeit in Angelegenheiten der Europäischen Union.
Mit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 13. Dezember 2007 und dem Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit zu diesem Vertrag (SubsProt; ABl. EU 2007 Nr. C306 S. 1, 150 ABl. EU 2008 Nr. C 111 S. 56 und ABl. EU 2009 Nr. C 290 S. 1) haben die Vertragsstaaten das als Subsidiaritätskontrolle bezeichnete Verfahren der Prüfung von EU-Gesetzentwürfen durch die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union eingeführt. Durch die Bezugnahme auf mehrere Kammern nationaler Parlamente in Artikel 6 bis 8 SubsProt ist dort die Beteiligung der deutschen Bundesländer an der Subsidiaritätskontrolle vorgesehen.
In der vorliegenden Vereinbarung wird das Verfahren im Freistaat Sachsen über die Unterrichtung und Unterstützung des Landtags in Angelegenheiten der Europäischen Union durch die Staatsregierung und zur Beteiligung des Landtags an der Subsidiaritätskontrolle zur Wahrnehmung der Integrationsverantwortung durch den Landtag festgelegt. Diese basiert auf Artikel 50 der Verfassung des Freistaates Sachsen als Konkretisierung des Gedankens des interorganfreundlichen Verhaltens zwischen den Verfassungsorganen Landtag und Staatsregierung.
Dresden, den 20. April 2011