Landtagspräsident: „Zusammenleben nicht durch Radikalität vergiften lassen“

3/2022 Datum 05.01.2022

Rößler fordert Fehlerbewusstsein der Politik und warnt vor „Inflation des Misstrauens“ / Impfaufruf: „Ergreifen Sie die ausgestreckte Hand der Medizin“

Sachsens Parlamentspräsident Dr. Matthias Rößler hat in seiner Neujahrsrede vor einer „Inflation des Misstrauens“ in die Politik gewarnt. „Die Gefahr einer andauernden Vertrauenskrise ist riesengroß“, sagte Rößler in einer Ansprache vor den Abgeordneten im Landtag.

Traditionell spricht der Parlamentspräsident zu Beginn eines jeden Jahres zu den Abgeordneten und zahlreichen Gästen auf einem Neujahrsempfang im Sächsischen Landtag. Da dieser pandemiebedingt auch in diesem Jahr nicht stattfinden konnte, hielt er die Rede zu Beginn der Plenarsitzung am Mittwoch.

Der Landtagspräsident warb in seiner Ansprache mit Blick auf die Coronamaßnahmen um Verständnis für das Handeln der Politik: „Die Pandemie zwingt zu Versuch und Irrtum, sie offenbart angesichts unvorhersehbarer Entwicklungen und unbestreitbarer Zwänge auch Fehler.“
Die Frage sei jedoch, „was man aus der Einsicht in die eigene Fehlbarkeit macht. Wir brauchen ein realistisches Herangehen und eigenes Fehlerbewusstsein“, forderte Rößler.

Weiter betonte er: „Als Staat müssen wir Handlungsfähigkeit beweisen. Krisenbewältigung ist eine ureigene Staatsaufgabe. Und deshalb gilt auch bei den Coronaregeln: Rechtsbruch und Gewalt sind illegal und werden geahndet. Da gibt es kein zweierlei Maß.“    

Der Parlamentspräsident warnte vor einer wachsenden „Misstrauensgemeinschaft“, die der Demokratie schade: „Der Protest gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wird bei einigen zum Selbstzweck, verirrt sich in Wut und ins Misstrauen allem und jedem gegenüber.“

Dies zeige sich auch in den Debatten über das Impfen: „Da werden hochwirksame Impfstoffe zerredet, angezweifelt, abgelehnt, teilweise geschieht das aus persönlicher Angst, teilweise stehen hinter dieser Ablehnung krude Verschwörungsideen. Ich appelliere an die Landsleute, die sich bislang aus den unterschiedlichsten Gründen nicht haben impfen lassen: Ergreifen Sie die ausgestreckte Hand der Medizin! Schützen Sie sich und schützen Sie andere!“

Rößler verwies in seiner Rede jedoch auch auf „die übergroße andere Seite“, die mit den Zumutungen und der Unsicherheit dieser Zeit produktiv umzugehen versucht. Diese stillere Seite habe sich dem guten Miteinander verschrieben.

Der Landtagspräsident rief dazu auf, sich um Aussöhnung zu bemühen und zu verhindern, „dass Radikalität und Zwietracht unser Zusammenleben vergiften. Wir brauchen wieder eine Vertrauensgemeinschaft.“

Wortlaut der Neujahrsansprache des Landtagspräsidenten:
https://www.landtag.sachsen.de/dokumente/Neujahrsansprache_5_1_2022_web.pdf