12.06.2025
Unter dem Titel „Veteranen, Reservisten, Soldaten – Die Bundeswehr und die Gesellschaft“ fand am 12. Juni 2025 im Ständehaus ein Gedankenaustausch über den Stellenwert der Streitkräfte in der deutschen Gesellschaft, die Wehrfähigkeit der Gesellschaft und den gesellschaftlichen Umgang mit Veteraninnen und Veteranen in der Bundesrepublik Deutschland statt.
Nach der Begrüßung durch Landtagspräsident Alexander Dierks hielt der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr und General a. D. Hans-Peter von Kirchbach einen Impulsvortrag.
Es folgte eine moderierte Diskussionsrunde mit:
Auf der Veranstaltung ging es um den Dienst der aktiven wie ehemaligen Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und die bessere Verbindung zwischen Politik, Bundeswehr und Gesellschaft.
„Haltet unserem Land die Treue, setzt Euch ein für unser Land, helft dabei, Spaltung zu überwinden!“ Mit diesen Worten, gerichtet an die Veteraninnen und Veteranen, beendete Generalinspekteur a. D. Hans-Peter von Kirchbach seinen eindrucksvollen Vortrag. Von Kirchbach, der über vier Jahrzehnte lang in der Bundeswehr diente und der einst als Generalinspekteur deren höchster Repräsentant war, betonte die wichtige Verbindung zwischen dem Staat und seiner Armee. „Die Bindung und Verbindung zwischen der Gesellschaft und ihren Soldatinnen und Soldaten, den Veteranen und Veteraninnen, verlangt Anstrengungen von beiden Seiten.“ Die Bundeswehr handele dabei nicht selbstständig, sondern immer im Auftrag der Politik und speziell des Parlaments („Primat der Politik“). Daher gelte, dass „unser Staat, seine Bevölkerung, sein Parlament, seine Veteranen […] in einem tiefen gegenseitigen Treueverhältnis verbunden sind“. Von den Soldatinnen und Soldaten verlange dies Pflichterfüllung bis zum Einsatz des Lebens, vom politischen Auftraggeber verantwortliches Handeln über den Auftrag hinaus.
„Die Bindung aller an die Werteordnung des Grundgesetzes ist der wichtigste Grund, weshalb ein Vertrauen auf Gegenseitigkeit entstehen und bestehen kann“, erklärte der General a. D. Dieses Wertesystem, das sowohl im zivilen als auch im militärischen Anwendung finde, sei der zentrale Unterschied, der einen Soldaten in einer Demokratie von einem Landsknecht unterscheide. Seit Ende des Kalten Krieges würden Soldatinnen und Soldaten zunehmend vom Parlament beauftragt, ihren Dienst auch außerhalb der Bundesgrenzen zu verrichten. In „über 30 Jahren waren etwa 400 000 Soldatinnen und Soldaten in Auslandseinsätzen eingesetzt. Allein in Afghanistan dienten etwa 90 000 Frauen und Männer. 119 Soldaten kamen bei Auslandseinsätzen ums Leben. 37 davon sind im Einsatz gefallen oder wurden bei Anschlägen getötet“, erinnerte von Kirchbach. Besonders im Hinblick auf diese Veteranen betonte er: „Es ist Zeit für diesen Veteranentag. Es ist Zeit für Wertschätzung, Zeit für Dankbarkeit und Respekt.“
Zuvor hatte Landtagspräsident Alexander Dierks in seiner Begrüßungsansprache an die zentrale Bedeutung der Bundeswehr zum Schutz von Rechtsstaat, Freiheit und Demokratie erinnert. „Sie verteidigen Recht und Freiheit des deutschen Volkes!“ Daher sei die Einführung des nationalen Veteranentages auch ein wichtiges Signal der Wertschätzung gegenüber den mehr als 10 Millionen Menschen, die bisher in der Bundeswehr ehrenhaft gedient haben. Neben dem inzwischen wieder so zentral gewordenen Kernauftrag der Bundeswehr, der Landes- und Bündnisverteidigung, unterstützten Soldaten regelmäßig in nationalen Notlagen. Landtagspräsident Dierks bedankte sich für diesen so wichtigen Dienst. Dabei würden die Soldatinnen und Soldaten von der Bevölkerung „als verantwortungsbewusste, hilfsbereite und auch leistungs- und einsatzbereite Männer und Frauen wahrgenommen“ und wertgeschätzt. Doch diene der Veteranentag auch dem Gedenken an diejenigen, die „als Einsatzveteranen verwundet an Körper und Seele und im allerschlimmsten Fall überhaupt nicht aus Einsätzen zurückgekehrt sind, die gefallen sind im Dienst“.
Die Podiumsdiskussion, moderiert von Marc Angerstein, griff u.a. die gesellschaftliche Debatte rund um die mögliche Reaktivierung der Wehrpflicht auf und diskutierte die Rolle von Reservisten und Veteranen nach der „Zeitenwende“. Thomas Peters, Bürgermeister von Bad Gottleuba-Berggießhübel und Hauptmann der Reserve, befürchtete, dass sich die Bundeswehr mit dem Aussetzen der Wehrpflicht ein Stück weit von der Gesellschaft entfernt habe. Zu Zeiten der Wehrpflicht, so seine Wahrnehmung, sei es beispielsweise durch den Dienst eines Familienmitglieds zu mehr direkten Kontakten und Diskussionen zwischen der zivilen Gesellschaft und der Bundeswehr gekommen. Ricarda Steinbach, Oberstleutnant der Reserve, gab zu bedenken: „Wenn die Wehrpflicht mit einer Parlamentsmehrheit durchsetzungsfähig wäre, hätte man sie vielleicht auch eingeführt.“ Sowohl Peters als auch Steinbach sowie von Kirchbach unterstützen die Forderung, dass bei einer möglichen Wiedereinsetzung der Wehrpflicht alle gleichermaßen verpflichtet werden sollten. „Verteidigung müssen alle können!“, so Steinbach. Der Landesvorsitzende des Reservistenverbandes in Sachsen, Gunter Scharf, betonte besonders die Rolle von Reservisten für die Verteidigungsfähigkeit sowie die aktuelle Notwendigkeit der Aktivierung zusätzlicher Reservekräfte. Allerdings sei seiner Meinung nach die Bundeswehr momentan gar nicht in der Lage, das umzusetzen, weil die infrastrukturellen Voraussetzungen fehlten. Auch seien seit Ende der Wehrpflicht viele Reservistenkontaktdaten schlichtweg verlorengegangen, von den zahlreichen bürokratischen Hindernissen abgesehen.
Alle Diskutanten begrüßten die Einführung eines Veteranentags in Deutschland. Thomas Peters sprach vom Beginn einer neuen Tradition und sagte weiter: „Das ist das richtige Zeichen zur richtigen Zeit.“ Ricarda Steinbach wünschte sich, dass nicht nur anlässlich des Veteranentags mehr Menschen das Veteranenabzeichen tragen und sich so Veteranen in der Öffentlichkeit kennenlernen. Gunter Scharf sah in der Schaffung des Veteranentags einen „bedeutenden Schritt, um die Leistungen der Vertanen mehr ins Bewusstsein, ins Blickfeld der Gesamtbevölkerung zu bringen“. Hans-Peter von Kirchbach, der bei dieser Gelegenheit die bessere Versorgung der Einsatzgeschädigten anmahnte, sah die Einführung des Veteranentags als „überfällig“, betonte aber auch die historischen Gründe für diese „Verspätung“.
Der Deutsche Bundestag beschloss am 25. April 2024 mit überwältigender Mehrheit die Einführung eines nationalen Veteranentags. Fortan soll jährlich am 15. Juni der Dienst und Einsatz aktiver und ehemaliger Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr umfassend und angemessen gewürdigt werden. Als Veteranin oder Veteran der Bundeswehr gilt dabei, wer als Soldatin oder Soldat im aktiven Dienst steht oder aus dem Dienstverhältnis ehrenhaft ausgeschieden ist. Das sind in Deutschland seit Gründung der Bundeswehr im Jahr 1955 rund 10 Millionen Frauen und Männer.
Autoren: Maximilian Brandl, Dr. Thomas Schubert