05.11.2022 bis 05.11.2022
Wer hat die besten Argumente, wer kann sie besonders überzeugend vertreten? Beim Jugend-Redeforum im Landtag zeigten am 5. November 2022 im Plenarsaal nicht Abgeordnete, sondern Schülerinnen und Schüler aus Sachsen und Brandenburg ihr Diskussions- und Vortragstalent. Einen Tag lang wurde der Plenarsaal zur Bühne für junge Debattiertalente. Am Ende überzeugte Hannah Lehmann vom Leibniz-Gymnasium Leipzig (Klasse 12) mit ihrer Rede zur Frauenquote die Jury in einem hochkarätigen Teilnehmerfeld am meisten und gewann den Redewettstreit im Landtag. Platz 2 belegte Ludwig Grossmann (Romain-Rolland-Gymnasium Dresden, Kl. 12) vor Laurenz Frenzel (Landesgymnasium Sankt Afra Meißen, Kl.11). Herzlichen Glückwunsch!
Das Prinzip ist schnell erklärt: Im Landtag, wo sonst Abgeordnete über Gesetze und Anträge debattieren, messen sich Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen acht bis zwölf in der Kunst der Rhetorik. Immer am ersten Samstag im November. Stets vor einer kompetenten Fachjury. Und immer inmitten eines hochkarätigen Teilnehmerfeldes. Am 5. November 2022 fand das 19. Jugend-Redeforum – gemeinsam veranstaltet vom Sächsischen Landtag und dem Verband der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS) – statt.
„Nein, denn es ist nur eine Zahl, die wenig mit den Betroffenen zu tun hat und die das Problem lediglich verlagert“, beantwortete Hannah Lehmann (Klasse 12) vom Leibniz-Gymnasium Leipzig die Frage, ob Geschlechterquoten wichtiger seien als Kompetenzen. „In jeder meiner Gesprächsrunden waren gerade einmal ein oder zwei Mädchen vertreten“, rekapitulierte die 17-jährige Schülerin den Vormittag. „Aber wir waren gleichberechtigt, konnten alle reden und wurden von der gleichen Fachjury bewertet.“ Ins Finale hätten es schließlich fast ebenso viele Mädchen wie Jungen geschafft, betonte Hannah. „Und wir alle bieten jetzt der Jury eine dreiminütige Rede an.“
Es war der beste Vortrag des Nachmittags und er bescherte Hannah Lehmann in einem engen Finale am Ende den Sieg beim diesjährigen Redewettstreit im Plenarsaal des Sächsischen Landtags. Besonders überzeugte die Jury, wie sie die aktuellen Eindrücke des Tages unmittelbar in ihre Argumentation einbaute. Auf den Plätzen 2 und 3 folgten Ludwig Grossmann (Romain-Rolland-Gymnasium Dresden) und Laurenz Frenzel (Landesgymnasium Sankt Afra Meißen), die sich in ihren Finaldebatten mit dem Krieg in der Ukraine bzw. dem Energiesparen auseinandersetzten. Alle Finalisten hatten nach der Themenvergabe lediglich zehn Minuten Zeit, um sich auf ihre Rede vorzubereiten. Die drei Erstplatzierten können nun auf einem Rhetorikseminar, gestiftet vom VRdS, noch weiter an ihrer Begabung feilen.
Das Jugend-Redeforum machte auch in diesem Jahr seinem Ruf, alljährlich 36 beeindruckende Rhetoriktalente aus Sachsen und Brandenburg zu versammeln, alle Ehre. Während einige Teilnehmer bereits zum wiederholten Mal in Dresden antraten, schnuppern Jahr für Jahr auch wieder neue Talente Landtagsluft – so wie Nele Schwarzenberg vom Goethe-Gymnasium Reichenbach. „Es ist eine tolle Erfahrung, hier dabei zu sein“, erzählt die Abiturientin, die erst seit Schuljahresbeginn im Debattierclub ihrer Schule mitmischt und ganz kurzfristig ins Wettbewerbsfeld nachgerückt ist. „Ich bin sehr aufgeregt, vor allem das Sprechen mit Mikrofon ist ungewohnt für mich“, verrät Nele in der Mittagspause. Besonders beindruckt habe sie, wie informiert die Mitstreiter zu vielen aktuellen Themen sind.
Mit insgesamt zehn Personen ist Nele aus dem Vogtland angereist. Lehrkräfte und der schuleigene Rhetoriknachwuchs aus dem Debattierclub unterstützen ihre Teilnehmer, fiebern mit und eines steht bereits am Ende des Tages fest: „Nächstes Jahr kommen wir wieder“. Dass es für sie nicht zum Einzug ins Finale reicht, findet Nele nicht schlimm. „Ich habe viel gelernt und es nimmt die Scheu, vor anderen Menschen zu sprechen.“ Eine Kompetenz, die die junge Frau sicher gut gebrauchen kann. Nach dem Abitur 2023 möchte sie Notfallsanitäterin werden.
„Das ist mein Ehrenamt“, erzählt Deutschlehrerin Tina Kleefeldt, während sie gespannt verfolgt, wie sich ihre Schützlinge in der Gruppendiskussion zu der Frage, ob die grenzenlose Freiheit im Internet zur Gefahr für die Demokratie werde, schlagen. „Es ist wichtig, dass die Jugendlichen Gesprächsfähigkeit lernen. Und dass sie Kompetenzen erwerben, wie und wo man belastbare Informationen recherchiert.“ Kleefeldt leitet den Debattierclub am Dresdner Romain-Rolland-Gymnasium. Gemeinsam mit mehreren jüngeren Schülerinnen und Schülern der AG drückt sie die Daumen für ihre zwei Teilnehmer. Beide erreichen das Finale, einer davon schlussendlich Platz 2 (Ludwig). Stolz und glücklich gratuliert ihnen die Lehrerin, bevor es nach einem aufregenden Tag nach Hause geht.
Während sich alle Teilnehmer am Vormittag in drei jeweils 15-minütigen Gedankenaustauschen maßen, bekamen sie am Schluss jeder Runde konstruktive Einschätzungen der Fachjury. Vertreter des VRdS, Journalisten und Medienfachleute achteten nicht nur auf die Inhalte der Reden, sondern beurteilten auch Argumentationsfähigkeit, Stimme, Körpersprache und den Umgang mit den anderen Diskussionsteilnehmern.
„Die Teilnehmer sind unheimlich stark und es freut mich, so engagierten Nachwuchs zu beobachten“, berichtet Jurymitglied Cornelia Schiemenz, Leiterin des ZDF-Landesstudios in Dresden. „Für mich ist es sehr interessant zu sehen, was die jungen Menschen bewegt und wie sie ticken. Ich versuche, jedem auch ein Feedback zu geben und etwas Persönliches zu sagen.“
Im kommenden Jahr feiert das Format Jubiläum. Dann heißt es zum 20. Mal „Plenarsaal frei für junge Redetalente“. Wir bedanken uns herzlich bei allen Beteiligten, insbesondere dem Rednernachwuchs sowie die den Lehrerinnen und Lehrern, die ihre Schützlinge so tatkräftig und mit so viel Herzblut unterstützen und das Jugend-Redeforum mit Leben erfüllen.
Die Jurymitglieder bewerteten alle Redebeiträge und gaben den Schülerinnen und Schülern konstruktivea Feedback und viele wertvolle Tipps.
Autorin: Katja Ciesluk