30 Jahre Sächsische Verfassung - Feierstunde im Parlament

Datum 18.05.2022

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Mit einer Feierstunde "30 Jahre Sächsische Verfassung, Verfassung geben - Verfassung leben" erinnerte der Landtag am 18. Mai 2022 an die Verabschiedung der Verfassung des Freistaates Sachsen am 26. Mai 1992. Mehr als 250 geladene Gäste verfolgten die Festveranstaltung im Plenarsaal, die einen Bogen von ihrer Entstehung im Parlament bis zur heute gelebten Verfassungsrealität spannte.

Von der Entstehung zur gelebten Verfassungsrealität

Zunächst sprachen Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Danach erzählten der Verfassungsrechtler Prof. Hans von Mangoldt und der damalige Landtagsabgeordnete Dr. Martin Böttger wie die Verfassung des Freistaates Sachsen in der Zeit von 1990 bis 1992 entstand.

Wie bürgerschaftliche Initiativen in Sachsen die Werte der Verfassung heute vor Ort umsetzen, berichten die Vertreter der Bürgerstiftung Chemnitz und des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz in einem moderierten Gespräch im Anschluss.

Zu Beginn der Veranstaltung nahmen Original-Ausschnitte aus Fernsehnachrichten, die über die Verabschiedung und Unterzeichnung der Landesverfassung 1992 berichteten, die Gäste mit auf eine Zeitreise zur Geburtsstunde unserer sächsischen Grundordnung.

Die Landesbühnen Sachsen umrahmten die Feierstunde künstlerisch.

Landtagspräsident Dr. Rößler: "Freistaat ist Gegenentwurf zur Diktatur"

„Die Sächsische Verfassung ist das Fundament unserer Demokratie im Freistaat. Wir sehen überall in der Welt, dass unsere Freiheit, unsere Demokratie und unser starker Rechtsstaat eben nicht selbstverständlich sind. Mutige Sachsen haben diese Rechte in der Friedlichen Revolution 1989 erkämpft, und kluge Männer und Frauen haben diese Verfassung entworfen, die bis heute fast unverändert besteht. Darauf können wir stolz sein.“

Die Verfassung werde von den Sachsen gelebt, sagte der Landtagspräsident in seiner Rede mit Blick auf das bürgerschaftliche Engagement etwa bei der Hilfe für die Ukrainer.

Rößler erinnerte zugleich daran, dass die Verfassung das Fundament der Demokratie sei: „Nur, wenn gemeinsame Spielregeln vorliegen, ist auch klar, was erlaubt ist und was nicht. Ein Konsens im Grundsätzlichen ermöglicht geradezu erst den Dissens im Einzelnen. Der Wesenskern einer Demokratie, einer freien Gesellschaft, ist die öffentliche Meinungsvielfalt und sogar der Meinungsstreit.“

Nach der Friedlichen Revolution sollte der wiedergegründete Freistaat „ein Gegenentwurf zur Diktatur sein, seine Rechtfertigung darauf beruhen, nie wieder Menschen im Namen des Staates zu demütigen, ihnen Menschenwürde und politischen Freiheiten abzusprechen“, betonte Rößler: „Deshalb schrieb sich Sachsen einen eigenen Grundrechtsteil, den so nur wenige deutsche Länderverfassungen haben. Darin festgelegt sind unter anderem die Unantastbarkeit der menschlichen Würde, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie die Pressefreiheit.“

Ministerpräsident Kretschmer: "Pandemie war Stresstest für politisches Gemeinwesen"

In den vergangenen beiden Jahren sei das politische Gemeinwesen durch die Pandemie einem enormen Stresstest ausgesetzt gewesen, sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer. Es sei der Staatsregierung schwer gefallen, die verfassungsmäßig verbriefte Freiheit einzuschränken, dennoch: "Die Mehrheit der Menschen beteiligte sich sehr ernst an der Debatte und trug in aller Freiheit die Maßnahmen zum Schutz des eigenen und anderer Menschenleben mit." Für ihn sei das ein gutes Zeichen. Es zeige, dass die Verfassung als verbindlicher Bezugspunkt anerkannt sei, so Kretschmer weiter.

"Verfassungsväter" Professor Mangoldt und Dr. Böttger erinnern an die Anfänge in Gohrisch

Verfassungsrechtler Professor Hans von Mangoldt und Bürgerrechtler Martin Böttger nahmen das Publikum noch einmal mit auf eine Zeitreise zu den Anfängen der heutigen Verfassung in Gohrisch (Sächsische Schweiz). Schnell sei allen damals Beteiligten klar gewesen, dass Sachsen angesichts der bevorstehenden Wiedervereinigung eine Verfassung brauche.

Verfassungsrechtler Mangoldt aus Baden-Württemberg war Berater bei der Ausarbeitung der Verfassung: "Diese Verfassung hat eine Zukunft", sagte Mangoldt am Rande der Feierstunde.

"Das war eine schöne Atmosphäre damals", erinnert sich Bürgerrechtler Martin Böttger. Wichtig war Böttger, der später für Bündnis 90/Die Grünen in den Landtag einzog, vor allem die Volksgesetzgebung, wobei er sich mit seinen Vorstellungen nicht durchsetzen konnte. Im August 1990 lagen schließlich zwei Verfassungeentwürfe vor, der sogenannte "Gohrische Entwurf" setzte sich durch. Am 26. Mai 1992 verabschiedete der Sächsische Landtag - als erstes Parlament in den neuen Bundesländern - seine Landesverfassung. "Ich würde heute einige wenige Dinge ändern. Insgesamt haben wir unsere Sache, glaube ich, richtig gut gemacht", so Böttger heute.

Hintergrund

Die Sächsische Verfassung ist das Fundament für das Zusammenleben im Freistaat. In 122 Artikeln garantiert sie Grundrechte, regelt die Funktionen von Parlament und Staatsregierung, der Gesetzgebung und der Rechtsprechung, Verwaltung, Bildung und des Finanzwesens.

Publikation zur Feierstunde

Alle Reden, die Podiumsdiskussionen, 30 Fakten rund um die Verfassung sowie interessante Einblicke in die künstlerische Umsetzung des Themas "30 Jahre Verfassung" durch die Landesbühnen Sachsen können Sie in dem Heft zur Veranstaltung "30 Jahre Sächsische Verfassung" nachlesen. Die Publikation erscheint voraussichtlich im Sommer 2022.