„Sachsen trauert um seine bedeutendste politische Persönlichkeit nach 1990“

64/2021 Datum 13.08.2021

Dr. Matthias Rößler zum Tod vom Ministerpräsident a.D. Prof. Dr. Kurt Biedenkopf

Der Sächsische Landtag trauert um den ehemaligen Ministerpräsidenten und Abgeordneten Prof. Dr. Kurt Biedenkopf.

Zum Tod Kurt Biedenkopfs erklärt sein langjähriger politischer Weggefährte und heutiger Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler:

„Mit Kurt Biedenkopf verliert Sachsen nicht nur den ersten Landesvater des wiedergegründeten Freistaats, sondern seine bedeutendste politische Persönlichkeit nach der friedlichen Revolution und der Wiedervereinigung Deutschlands. Wie kein anderer Landespolitiker prägte Kurt Biedenkopf die Epoche nach 1990 und legte mit seinen Kabinetten den Grundstein für die beeindruckende Erfolgsgeschichte Sachsens.

Ich persönlich erinnere mich an Fraktions- und Kabinettssitzungen mit Kurt Biedenkopf, die durch ganz viel Gestaltungswillen und trotz eines engen Miteinanders auch durch faire und in der Sache harte Auseinandersetzungen gekennzeichnet waren.

Als ‚Wanderer zwischen Politik und Wissenschaft‘ gelang es ihm, den Wiederaufbau unserer sächsischen Heimat voranzubringen und die Politik des Freistaates zu prägen wie kein anderer. Seine Tatkraft und Weitsicht haben mich tief beeindruckt.

Er hatte das richtige Gespür für die Sachsen. Er gab den Menschen nach 1990 Orientierung, stärkte die sächsische Identität und ermutigte zu einem neuen Selbstbewusstsein.

Viele von uns hatte die friedliche Revolution in die Politik gebracht. Mit Kurt Biedenkopf stand ein Mann mit ausgewiesener politischer Erfahrung und wissenschaftlicher Expertise an der Spitze, der die Mechanismen der bundesdeutschen Politik, der föderalen Finanzbeziehungen und der Sozialen Marktwirtschaft bestens kannte. Die Entscheidungen seiner Amtszeit erwiesen sich als richtungsweisend für den politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Erfolg Sachsens nach der Wiedervereinigung. In den schwierigen Aufbaujahren gelang es unter seiner Führung, neue Industriebetriebe in Sachsen anzusiedeln, nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen und eines der besten Bildungssysteme Deutschlands zu entwickeln.

Freiheit, Marktwirtschaft und soziale Verantwortung waren der Kompass seiner Politik. Diese Werte verbanden uns unverbrüchlich bis zum Schluss.

Sein unermüdlicher Arbeitseifer brachte ihm den Respekt der Bevölkerung ein. Gemeinsam mit seiner Frau Ingrid setzte er sich auch für soziale Belange ein. Das Wohl der Sachsen war ihm ein Herzensanliegen.

Für seine Arbeit erhielt Kurt Biedenkopf über Parteigrenzen hinweg und deutschlandweit zurecht große Anerkennung. Zahlreiche Würdigungen wurden ihm während und nach seiner politischen Karriere zuteil. Sein Lebenswerk ist und bleibt ein wahrer Glücksfall für den Freistaat. Mit ihm erlischt das Licht eines besonderen Menschen, dem wir Sachsen viel zu verdanken haben.“

 

Zur Person:

Prof. Dr. Kurt Biedenkopf wurde am 28. Januar 1930 in Ludwigshafen geboren und wuchs ab 1938 in der Nähe von Schkopau auf. 1945 floh seine Familie vor der Roten Armee nach Hessen, wo er 1949 sein Abitur ablegte.

Nach dem Studium der Politikwissenschaft, Rechtswissenschaften und Nationalökonomie in Frankfurt/Main, München und den USA legte Kurt Biedenkopf 1955 sein erstes und 1960 sein zweites juristisches Staatsexamen ab. Nach seiner Promotion 1958 zum Doktor jur. arbeitete er an den Universitäten Frankfurt/Main und Tübingen. Er habilitierte sich 1963 in Frankfurt/Main im Bereich Rechtswissenschaften. Von 1967 bis 1969 war er Rektor der Universität Bochum und von 1971 bis 1973 Ordentlicher Geschäftsführer der Henkel GmbH.

Kurt Biedenkopf war von 1973 bis 1977 Generalsekretär der CDU Deutschlands und von 1976 bis 1980 sowie von 1987 bis 1990 Mitglied des Deutschen Bundestags. Von 1980 bis 1983 war er Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen.

In Sachsen war Kurt Biedenkopf von 1990 bis 2004 Mitglied des Sächsischen Landtags und vom 27. Oktober 1990 bis zum 17. April 2002 Ministerpräsident des Freistaates Sachsen.

Kurt Biedenkopf wurde mit mehreren Ehrendoktortiteln amerikanischer und europäischer Universitäten geehrt und ist Träger zahlreicher Verdienstorden wie dem Großkreuz des Bundesverdienstkreuzes.