Sächsischer Landtag

Mit einem Festakt auf der Albrechtsburg in Meißen wurde am 3. Oktober 1990, dem Tag der Deutschen Einheit, der Freistaat Sachsen wieder gegründet. Das geschah nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland und wurde in Sachsen von den neuen Politikern und Politikerinnen, die sich gegen den Machtapparat der SED gestellt hatten, gesteuert. Sie verhinderten so, dass der DDR-Herrschaftsapparat mitsamt seinem Personal in die Bundesrepublik überführt wurde. Anfang September 1990 hatte auch die im selben Jahr frei gewählte Volkskammer der DDR beschlossen, dass weder Einrichtungen noch Personal der DDR-Regierung von den Ländern übernommen werden sollten. Allerdings mussten der Apparat und das Personal der Räte der Bezirke von Dresden, Leipzig und Karl-Marx-Stadt/Chemnitz in die Regierungspräsidien überführt werden, weil sich nur so die Landesbildung durchführen ließ.

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BILD: Plenarsaal des Landtagsneubaus

BILDUNTERSCHRIFT: Plenarsaal des Landtagsneubaus (Sächsischer Landtag: Foto: Bildermann)

Bidquelle: Plenarsaal des Landtagsneubaus. Sächsischer Landtag (Foto: Bildermann.de).

Blick in den Plenarsaal des Sächsischen Landtags im Haus der Kirche / Dreikönigskirche (Sächsischer Landtag, Foto: ???)

Blick in den neuen Plenarsaal des Sächsischen Landtages während einer geheimen Abstimmung (Sächsischer Landtag, Foto: Bildermann)

Landtagswahl 1990

Der wieder gegründete Freistaat hatte in den ersten Wochen noch keine vom Volk gewählten Verfassungsorgane, keine Landesgesetze und kein Landesparlament. Wahlen zum Landtag fanden erst am 14. Oktober statt. Das Parlament konstituierte sich am 27. Oktober. Bis dahin unterstand das neue Land für etwa drei Wochen der Bundesverwaltung. Bei der Landtagswahl errang die CDU mit 92 Mandaten (53,8 %) die absolute Mehrheit von 160 Parlamentssitzen. Zweistärkste Partei wurde die SPD mit 32 Abgeordneten (19,1 %). Die Linke Liste/PDS stellte 17 Landtagsmitglieder (10,2 %). Das Bündnis, das die Bürgerbewegungen und Oppositionsgruppen der DDR mit der westdeutschen Partei Die Grünen eingegangen waren, entsandte zehn Landtagsabgeordnete (5,6 %). Zur FDP gehörten neun Mitglieder des Landtags (5,3 %). Die Mehrheit dieser Parlamentarier waren Quereinsteiger.  

Konstituierende Sitzung

Obwohl die erste Sitzung des 1990 gewählten Landtags turbulent ablief, ließ sich mit einer vorläufigen Geschäftsordnung die Arbeitsfähigkeit des Parlaments herstellen. Da es noch keine Landesverfassung gab, regelte ein Vorschaltgesetz die Zuständigkeit des Landtags, der Abgeordneten, des Landtagspräsidenten und des Ministerpräsidenten. Auch dieses „Gesetz zur Herstellung der Arbeitsfähigkeit des Sächsischen Landtags“ war umstritten. Es bekam aber im Plenum eine Mehrheit. In der ersten Sitzung wurde dann Erich Iltgen (CDU) zum Landtagspräsidenten gewählt. Kurt Biedenkopf wurde mit der Stimmenmehrheit der CDU-Fraktion das Amt des Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen übertragen. Noch während desselben Plenums wurde Biedenkopf vom Landtagspräsidenten vereidigt.

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LINK: Förster, Caroline: Der 27. Oktober 1990. In: Landtagskurier 6/14, S. 18 f. [### Link auf die Website des SLT ist noch nicht möglich.]

BILD: Vereidigung Kurt Biedenkopf zum Ministerpräsidenten durch den Landtagspräsidenten Erich Iltgen am 27. Oktober 1990

BILDUNTERSCHRIFT: Vereidigung Kurt Biedenkopfs zum Ministerpräsidenten durch den Landtagspräsidenten Erich Iltgen am 27. Oktober 1990 (Sächsischer Landtag, Foto: Thiere)

Bildquelle: Sächsischer Landtag: Foto: Thiere.

Debatten und Gesetze

Am 8. November 1990 war die erste Regierungserklärung Vorlage für eine Landtagsdebatte. Die unterschiedlichen parteipolitischen Positionen, die die Redner der Landtagsfraktionen vortrugen, prägten von Anfang an die Debattenkultur. In seiner ersten Legislaturperiode hatte das Parlament einen Gesetzgebungsmarathon zu bewältigen, weil von der Verfassung bis zu den Ausführungsbestimmungen alle Rechtsvorschriften erlassen werden mussten. Nebenher errichtete der Sächsische Landtag ein Gebäude, das den Anforderungen des Parlamentsbetriebs entsprach. Und er setzte einen Ausschuss ein, der für alle Mandatsträger prüfte, ob sie während der SED-Herrschaft einen Amts- und Machtmissbrauch begangen hatten. Für 14 Abgeordnete konstatierte das Parlamentsgremium, dass sie am DDR-Unrecht beteiligt gewesen seien, und empfahl ihnen, ihr Mandat niederzulegen. Die Linke Liste/PDS folgte dieser Empfehlung nicht. Deshalb schrieb die Mehrheit der Abgeordneten sowohl ins Abgeordneten- und Landtagswahlgesetz als auch in die Verfassung einen Paragrafen, dass bei Stasibelastung das Abgeordnetenmandat entzogen wird.

Der Landtag in der sächsischen Verfassung

Als wichtigstes Gesetz verabschiedete der Landtag 1990-1994 am 26. Mai 1992 die Verfassung des Freistaates Sachsen. Für das Landesparlament wurde dabei einiges verändert, was die DDR-Volkskammer im Sommer 1990 im Länderwahlgesetz festgelegt hatte. Die Regelzahl der Abgeordneten sank durch die Verfassung von 160 auf 120 und die Legislaturperiode verlängerte sich von vier auf fünf Jahre.

Der Sächsische Landtag tagt in Permanenz: Eine Wahlperiode endet erst mit der ersten Sitzung des Nachfolgeparlaments. Das Plenum konstituiert sich aus Abgeordneten, die je einen der 60 Wahlkreise repräsentieren. Die Hälfte der 120 Abgeordneten erhält sein Mandat direkt in den Wahlkreisen, sofern sie dort die meisten Stimmen bekommen haben. Die andere Hälfte der Parlamentssitze wird nach Landeslisten vergeben. Allerdings werden nur Parteien berücksichtigt, auf deren Liste mehr als fünf Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen entfallen sind oder die mindestens in zwei Wahlkreisen ein Direktmandat gewonnen haben. Die Abgeordneten vertreten aber nicht nur die Interessen ihres jeweiligen Wahlkreises, sondern das ganze Volk. Deshalb legt die sächsische Verfassung fest, dass die Landtagsmitglieder aufgrund ihres freien Mandats weisungsunabhängig sind und keinem Fraktionszwang unterliegen. 

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Die Abgeordneten Dr. Alfred Förster und Dr. Peter Dierich im Gespräch. Haus der Kirche / Dreikönigskirche (Sächsischer Landtag, Foto: Bildermann)

Die Staatsministerin für Kultus Stefanie Rehm im Gespräch mit dem Abgeordneten Peter Weber. Haus der Kirche / Dreikönigskirche  (Sächsischer Landtag, Foto: Bildermann)

Gespräch am Rande einer Landtagssitzung. Haus der Kirche / Dreikönigskirche: Die Abgeordneten Antje Rush (heute: Antje Hermenau) und Dr. Karl-Heinz Gerstenberg  (Sächsischer Landtag, Foto: Bildermann)

Der Abgeordnete Patrick Ott bei einem Imbiss während einer Plenarsitzung. Haus der Kirche / Dreikönigskirche (Sächsischer Landtag, Foto: Bildermann)

Besprechung in der Lobby des Sächsischen Landtages: Der Abgeordnete Dr. Helmut Müller und Jürgen Schimang, damaliger Landtagsreferent des Staatsministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten (Sächsischer Landtag, Foto: Bildermann)

Der Abgeordnete Dr. Günter Krone im Bürgerfoyer des Sächsischen Landtages (Sächsischer Landtag, Foto: Bildermann)

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Zuständigkeit und Gestaltungsspielraum

Gemäß der Verfassung nehmen die Abgeordneten des Sächsischen Landtags für den Souverän das Recht wahr, Gesetze zu erlassen. Sowohl die Regierung wie auch der Landtag dürfen Gesetze vorschlagen. Das Parlament wählt den Ministerpräsidenten, die Mitglieder des sächsischen Verfassungsgerichtshofes und den Präsidenten des sächsischen Rechnungshofes. Die Landtagsmitglieder kontrollieren auch die staatliche Verwaltung und beraten über Angelegenheiten von öffentlichem Interesse, um die politische Willensbildung zu fördern.

Da der Freistaat Sachsen ein Land der Bundesrepublik Deutschland ist, die zur Europäischen Union gehört, besitzt der Sächsische Landtag nur das Recht, für bestimmte Bereiche Gesetze zu erlassen. Sein Gestaltungsspielraum betrifft die Schulen und Hochschulen des Landes, die innere Sicherheit, die Medien, die Infrastruktur und die regionale Wirtschaftsförderung. Inzwischen tagt der Sächsische Landtag in der 7. Wahlperiode, die am 1. Oktober 2019 mit der konstituierenden Sitzung begann.

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BILD: Das provisorische Wahlstudio im neuen Landtag, 11. September 1994

BILDUNTERSCHRIFT: Das provisorische Wahlstudio im neuen Landtag, 11. September 1994 (Sächsischer Landtag: Foto: Bildermann)

Bildquelle:Sächsischer Landtag: Foto: Bildermann.