Gesetz über den Petitionsausschuss

Gesetz über den Petitionsausschuss des Sächsischen Landtags vom 11. Juni 1991 (Sächsisches Petitionsausschussgesetz - SächsPetAG)

§ 1 Petitionsrecht

(1) Das verfassungsmäßige Recht, sich mit Bitten und Beschwerden (Petitionen) an die zuständigen Stellen oder den Landtag zu wenden, steht jedermann einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen zu.

(2) Petitionen sind schriftlich einzureichen.

§ 2 Öffentlicher Dienst

Das Recht der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, sich mit Petitionen an den Landtag zu wenden, unterliegt keinen Beschränkungen. Der Dienstweg braucht nicht eingehalten zu werden.

§ 3 Personen in Verwahrung

(1) Petitionen von Straf- und Untersuchungsgefangenen sowie von sonstigen Personen in einem Verwahrungsverhältnis sind ohne Kontrolle durch die Anstalt oder die verwahrende Einrichtung und verschlossen unverzüglich dem Landtag zuzuleiten. Das gilt auch für den mit der Petition zusammenhängenden Schriftverkehr mit dem Landtag.

(2) Gemeinsame Petitionen der in Absatz 1 genannten Personen können nur dann untersagt werden, wenn das gemeinschaftliche Vorbereiten und Verfassen der Petition die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder verwahrenden Einrichtung gefährden oder dem Vollzugs- oder Verwahrungszweck zuwiderlaufen würden.

§ 4 Benachteiligungsverbot

(1) Niemand darf wegen der Tatsache, dass er sich mit einer Petition an den Landtag gewandt hat, benachteiligt werden.

(2) Von der Absicht einer Strafanzeige oder eines Strafantrags durch eine sächsische Behörde wegen des Inhalts einer Petition ist der Petitionsausschuss vorher zu unterrichten.

§ 5 Aktenvorlage, Auskunft und Zutritt

(1) Zur Vorbereitung von Beschlüssen über Petitionen haben die Behörden des Landes dem Petitionsausschuss auf Verlangen Akten zur Einsicht vorzulegen, Auskunft zu erteilen und jederzeit Zutritt zu ihren Einrichtungen zu gestatten. Auf Verlangen des Petitionsausschusses hat die Behörde durch einen Vertreter vor dem Ausschuss auch mündlich Auskunft über den Gegenstand der Petition zu geben.
 
(2) Für die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt Absatz 1 entsprechend, soweit sie der Aufsicht des Freistaats unterstehen. Absatz 1 gilt ebenso für die Organe der juristischen Personen des Privatrechts und der nicht rechtsfähigen Vereinigungen sowie für natürliche Personen, soweit sie unter Aufsicht des Landes öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit ausüben.
 
(3) Die Anforderung von Akten erfolgt über die zuständige oberste Behörde des Freistaats. Bei Auskunftsersuchen und bei dem Zutritt zu Einrichtungen ist die zuständige oberste Behörde des Freistaats zu unterrichten.
 
(4) Der Petitionsausschuss oder einzelne von ihm beauftragte Mitglieder können Untersuchungs- und Strafanstalten, geschlossene Heil- und Pflegeanstalten sowie alle anderen der Verwahrung von Menschen dienenden Einrichtungen des Landes Sachsen jederzeit und ohne vorherige Anmeldung besuchen. Dabei muss Gelegenheit sein, mit jedem darin verwahrten Menschen jederzeit und ohne Gegenwart anderer sprechen und alle Räumlichkeiten besichtigen zu können.
 
(5) Die Gerichte und Verwaltungsbehörden des Landes sind dem Petitionsausschuss zur Rechts- und Amtshilfe verpflichtet.

§ 6 Weigerungsgründe

(1) Aktenvorlage, Auskunft sowie der Zutritt zu Einrichtungen dürfen nur verweigert werden, wenn der Vorgang nach einem Gesetz geheimgehalten werden muss oder sonstige zwingende Geheimhaltungsgründe bestehen.

(2) Über die Verweigerung entscheidet die oberste Dienst- oder Aufsichtsbehörde. Die Verweigerung ist zu begründen. Der zuständige Staatsminister hat die Entscheidung vor dem Ausschuss zu vertreten.

§ 7 Anhörung

(1) Der Petitionsausschuss ist berechtigt, den Petenten, Auskunftspersonen und Sachverständige anzuhören.

(2) Ein Rechtsanspruch des Petenten auf Anhörung besteht nicht.

§ 8 Wahrnehmung der Befugnisse

(1) Die Wahrnehmung der Befugnisse nach diesem Gesetz erfolgt auf Beschluss des Petitionsausschusses.

(2) Der Ausschuss kann einzelne Mitglieder oder eine vom Ausschuss gebildete Kommission mit der Ausführung des Beschlusses beauftragen.

(3) Wird die Aufklärung des Sachverhalts durch Zuwarten vereitelt oder gefährdet, kann auch ohne vorherigen Beschluss des Ausschusses der Berichterstatter im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden von den Befugnissen Gebrauch machen, soweit dies zur Sicherung der Sachaufklärung geboten ist. Dasselbe gilt für den Vorsitzenden, soweit ein Berichterstatter nicht rechtzeitig bestellt werden kann. Dem Petitionsausschuss ist in der nächsten Sitzung über die getroffenen Maßnahmen zu berichten.

(4) Im übrigen kann sich der Berichterstatter zur Einholung von Informationen über den Gegenstand einer Petition an die zuständigen Stellen wenden. Eine Rechtspflicht zur Erteilung der Informationen besteht nicht.

§ 9 Zeugnisverweigerungsrecht

(1) Die Mitglieder des Petitionsausschusses können über Personen, die ihnen als Mitglied des Petitionsausschusses oder denen sie als Mitglied des Petitionsausschusses Tatsachen anvertraut haben, sowie über Tatsachen selbst das Zeugnis verweigern.

(2) Personen, deren Mitarbeit die Mitglieder des Petitionsausschusses in dieser Eigenschaft in Anspruch nehmen, können das Zeugnis über die Wahrnehmungen verweigern, die sie anlässlich dieser Mitarbeit gemacht haben.

(3) Soweit dieses Zeugnisverweigerungsrecht reicht, ist die Beschlagnahme von Schriftstücken und anderen Informationsträgern unzulässig.

§ 10 Berichtspflicht

(1) Wird der Staatsregierung eine Petition zur Berücksichtigung zur Erwägung oder zur Veranlassung bestimmter Maßnahmen überwiesen, so berichtet sie dem Landtag schriftlich innerhalb von 6 Wochen darüber, was sie aufgrund der überwiesenen Petition veranlasst hat.

(2) Der Landtag kann auf Empfehlung des Petitionsausschusses eine andere Frist festsetzen. Im Fall der Fristverlängerung soll ein Zwischenbericht gegeben werden.

§ 11 Entschädigung

Petenten, Auskunftspersonen und Sachverständige, die vom Petitionsausschuss geladen worden sind, werden entsprechend dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen entschädigt. Die Verwaltung des Landtags setzt die Entschädigung fest.

§ 12 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft