Am 27. Oktober 2015 jährte sich ein für den Sächsischen Landtag wichtiges historisches Ereignis zum 25. Mal. Am 27. Oktober 1990 konstituierte sich das erste frei gewählte sächsische Parlament nach der friedlichen Revolution. Nach Jahrzehnten der Diktatur hatten sich Bürgerinnen und Bürger im Herbst des Jahres 1989 das Recht auf freie Wahlen erstritten. Das Parlament würdigte dieses Jubiläum mit einer feierlichen Veranstaltung im Haus der Kirche (Dreikönigskirche) in Dresden, wo die sächsischen Volksvertreter 1990 erstmals zusammenkamen und bis 1993 tagten.
In seiner Eröffnungsansprache erinnerte Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler an diese "Sternstunde des Länderparlamentarismus" in Sachsen. Die erste Sitzung des neuen Sächsischen Landtags sei eine "lebendige und kontroverse Arbeitssitzung" gewesen und stünde bis heute sinnbildlich für die "nachfolgenden Jahre harter Aufbauarbeit in Sachsen". Heute, nach einem "erfolgreichen Vierteljahrhundert der parlamentarischen Demokratie in Sachsen", sähe sich die sächsische Bürgergesellschaft neuen Herausforderungen gegenüber. Die "verfasste Demokratie und die sie tragende offene Gesellschaft" seien hierbei "äußerst kostbare Güter", die durch eine lebendige und gelebte Demokratie immer aufs Neue bewahrt werden müssten.
Auch der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Stanislaw Tillich, betonte, dass dieses Jubiläum nicht als Selbstverständlichkeit verstanden werden dürfe, weil Demokratie "nicht selbstverständlich", sondern verletzlich sei. Er betonte, dass "Interessengegensätze gewaltlos und sachlich" ausgetragen werden müssten. Nur dann funktioniere das freie und demokratische Gemeinwesen in Sachsen.
Eine hohe Funktionalität als Gesetzgeber, Kontrollinstanz der Regierung sowie als Stätte der politischen Willensbildung bestätigte dem Sächsischen Landtag in ihrem Grußwort die Präsidentin des sächsischen Verfassungsgerichtshofes, Birgit Munz. Sie appellierte an die zahlreich anwesenden Abgeordneten, stets dafür Sorge zu tragen, dass "gerade in den existenziellen Fragen unseres Gemeinwesens das Parlament Ort der politischen Willensbildung ist und bleibt".
In seinem Vortrag „Von den Runden Tischen zum Parlament“ erinnerte der ehemalige Landtagspräsident Erich Iltgen (1990-2009) an die Zeit vor 25 Jahren. Der Weg zum Parlament spiegele bis heute ein "Stück sächsische Eigenständigkeit" wider. Detailreich schilderte er das damalige Ringen der neuen Kräfte mit den Vertretern des alten Regimes und beschrieb, wie die Reformer der friedlichen Revolution in einem hart umkämpften Prozess die Wiedergründung des Landes Sachsen schließlich für sich entschieden. Die besondere Rolle des damaligen Koordinierungsausschusses hob er ebenso hervor wie Funktion der Regierungsbevollmächtigten und des Sächsischen Forums, das als eine Art revolutionäres Vorparlament agierte.
Danach richtete Prof. Dr. Dr. Udo di Fabio seinen Blick auf "Die Zukunft des deutschen Föderalismus“, wobei er dessen "große Vergangenheit" nicht aussparte. Föderalität im Sinne von Eigenstaatlichkeit und Selbstorganisation, im Sinne einer konstruktiven und komplementären Verteilung demokratischer Gestaltungsmacht über verschiedene Ebenen hinweg sei zukunftsträchtig. Die Voraussetzungen dafür lägen jedoch in gegenseitiger Verantwortung und Treue, an denen es mitunter fehle. Ebenso dürfe die Bürgerschaft ob des eigenen Erfolgs nicht die staatlichen Grundlagen dieses Erfolgs vergessen, zu denen auch der Föderalismus gehöre. Udo di Fabio betonte, dass "Selbstregierung nicht selbstverständlich ist" und unsere föderale Demokratie auf das Verständnis aller Bürgerinnen und Bürger angewiesen sei.
In der abschließenden Podiumsdiskussion „Der Sächsische Landtag 2025 – Die Zukunft der deutschen Landtage“ mit Antje Hermenau (MdB a. D., MdL a. D.), Dr. Werner Reutter (Politikwissenschaftler), Arnold Vaatz (MdB), Dr. Klaus Wallbaum (Redakteur) und Karl-Heinz Gerstenberg (MdL a. D.) erinnerten sich die Zeitzeugen an die Wiederentstehung des Parlamentarismus in Sachsen und diskutierten das heutige Verhältnis zwischen Bevölkerung und Politik. Fragen, wie Landtagsarbeit und wie parlamentarische Debatten künftig interessanter für die Bevölkerung gemacht werden können, wurden ebenso kontrovers erörtert wie die Thematik der Volksgesetzgebung als eine zukunftsfähige Ergänzung der parlamentarischen Demokratie in Grundsatzfragen.
Die Rede- und Diskussionsbeiträge der Jubiläumsveranstaltung erscheinen im 1. Quartal 2016 als Heft im Rahmen der FESTAKT-Reihe für Sie zum Nachlesen.