Innenhof des Landtags mit Herbstlaubfassade

Landeswahlleiter im Gespräch

Im Gespräch: Landeswahlleiter Martin Richter

Zu den Aufgaben des Landeswahlleiters gehört es, dass parlamentarische Wahlen im Freistaat ordnungsgemäß vorbereitet, durchgeführt und ausgewertet werden. Im Wahljahr 2024 kommt da einiges an Arbeit auf ihn zu. Im Interview erläutert Landeswahlleiter Martin Richter seine Tätigkeit.

„Die Öffentlichkeit der Wahl ist der große Gewinn für das Vertrauen in die Wahl.“

Sehr geehrter Herr Richter, wann beginnt für Sie als Landeswahlleiter die Vorbereitung für die Landtagswahl 2024?

Also wir sagen immer, ähnlich wie beim Fußball, nach der Wahl ist vor der Wahl. Die ersten Themen rund um die diesjährige Landtagswahl sind bei uns bereits im Jahr 2021 aufgelaufen. Zu diesem Zeitpunkt hat die Wahlkreiskommission des Freistaates einen Vorschlag für den Neuzuschnitt der Wahlkreise unterbreitet, der dann im Parlament eifrig diskutiert wurde.

Warum ist die Einteilung der Wahlkreise so wichtig?

Alle Stimmen sollen möglichst gleiches Gewicht haben. Und das ist immer ein ganz wichtiger Ansatzpunkt, um zu fragen, wie schneidet man idealerweise das Wahlgebiet so zu. Alle Wahlkreise sollen möglichst gleich groß sein, das heißt, in etwa gleich viele Stimmberechtigte umfassen.

Was ist Ihre Aufgabe, wenn eine Partei zur Wahl zugelassen werden möchte?

Zu jeder Wahl müssen alle Parteien, die nicht parlamentarisch vertreten sind, Unterstützerunterschriften bringen. Das ist meistens einer der Knackpunkte. Das muss jede Partei schaffen, da können und dürfen wir nicht helfen. Ansonsten versuchen wir erst einmal so zu beraten, dass möglichst wenig Fehler entstehen. Wir bieten allen Parteien Beratungsgespräche an, um gegebenenfalls frühzeitig auf Mängel oder Fallstricke hinweisen und diese zu beheben.

Welche Themen beschäftigen Sie noch vor einer Wahl?

Eine ist beispielsweise der Stimmzetteldruck. Für die Europawahl in Sachsen liegt diese Aufgabe bei uns. Wenn man so etwas ausschreiben will, muss man am besten schon vorher wissen, wie lang dieser werden wird. Außerdem muss die nötige Menge Papier und die entsprechenden Maschinenkapazitäten vorhanden sein. Es sind schon sehr kuriose Dinge, an die man denken muss, damit nichts schiefgeht.

Ist es vorstellbar, dass irgendwann die digitale Stimmabgabe den Wahlzettel aus Papier ersetzt?

Das Bundesverfassungsgericht hat da sehr, sehr hohe Hürden gesetzt. Und ein wesentlicher Grundsatz ist die Öffentlichkeit der Wahl. Sie können anhand der Stimmzettel auf jeder Ebene das Ergebnis nachvollziehen. Wenn Sie hingegen eine IT-Lösung haben, quasi Wahlergebnisse auf Knopfdruck, ist das so nicht mehr möglich. Da müssen Sie einem Algorithmus glauben. Die Öffentlichkeit der Wahl ist der große Gewinn für das Vertrauen in die Wahl.

In jüngster Zeit gibt es viele Parteineugründungen. Merken Sie das in Ihrer Arbeit?

Es hat zugenommen, das beobachten wir allerdings schon länger. Auch bei den jüngsten Wahlen war das so. Das führt in unserem kleinen Team zu deutlicher Mehrarbeit. Wir überprüfen die Wahlunterlagen, Beteiligungsanzeigen, Unterstützerunterschriften, Wählbarkeitsbescheinigungen und anderes mehr.

Gerade das Thema IT-Sicherheit ist eines der zentralen Themen. Wie sicher sind die Wahlen in Sachsen?

Sie können sich darauf verlassen, dass wir das vollumfänglich absichern. Es gibt unterschiedliche parallele Übertragungswege, auch mit Netz und doppelten Boden. Wir stellen mit großem Aufwand sicher, dass da nichts passiert. Das ist eine große Herausforderung, für die wir gut gewappnet sind.

Die Angst, dass Wahlen aus dem Ausland beeinflusst werden können, ist ebenfalls präsent. Sowohl beim Wahlkampf, als auch bei der Wahl selbst. Sehen Sie das genauso?

Die Gefahr besteht definitiv. Wobei man zwei Dinge auseinanderhalten muss. Die Beeinflussung des Wahlkampfes ist nicht unsere Baustelle. Und das ist wahrscheinlicher als ein Angriff auf das Wahlsystem als solches oder die Durchführung der Wahl.

Was genau werden Sie am Wahlabend machen?

Ich bin den ganzen Tag in Rufbereitschaft, weil es immer Themen geben kann, wo mein Rat gebraucht wird. Dann komme ich für eine gewisse Zeit in den Landtag, um als Ansprechpartner da zu sein. Anschließend bin ich wieder in Kamenz, weil ich der Meinung bin, in rauer See gehört der Kapitän auf die Brücke. Meine wichtigste Aufgabe allerding ist es, am Ende der Wahlnacht das vorläufige Ergebnis mit meiner Unterschrift festzustellen.

Wann ist damit zu rechnen?

Das vorläufige Endergebnis gibt es erst, wenn die letzte Gemeinde geliefert hat. Das ist irgendwann in der Nacht. Genauigkeit geht dabei vor Schnelligkeit. Bei der Bundestagswahl stand das vorläufige Endergebnis um 1 Uhr 40 fest. Da war ich um vier Uhr früh zu Hause.

Welche Voraussetzungen braucht man für das Amt des Landeswahlleiters?

In Sachsen ist das Amt des Landeswahlleiters verbunden mit dem Amt des Präsidenten des Statistischen Landesamtes. Das muss nicht so geregelt sein, hat aber insofern eine gute Tradition, weil die amtliche Statistik ja durch europäisches Recht unabhängig und neutral zu sein hat. Und diese Unabhängigkeit und Neutralität schlägt sich dann auf das Amt nieder. Beides hat die gleiche Voraussetzung, nämlich in allen Fällen ohne politische Einflüsse zu agieren.

Interview: Dr. Daniel Thieme, Katja Ciesluk

Zur Person

Martin Richter wurde 1973 in Döbeln geboren und hat in Münster und Dresden Rechtswissenschaften studiert. Berufliche Stationen absolvierte er unter anderem als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht der TU Dresden sowie als Geschäftsführer des Studentenwerks Dresdens. Im Jahr 2021 ernannte ihn Innenminister Armin Schuster zum Präsidenten des Statistischen Landesamtes und Landeswahlleiter in Sachsen.