Konferenz: "Wie weiter in Europa?"

Datum 12.11.2021

Parlament in der Hofburg (Redoutensaal)
Redoutensaal Wiener Hofburg

Am 12. November 2021 kamen im Parlament der Republik Österreich in Wien Politiker, Diplomaten, Wissenschaftler sowie Vertreter der Bürgergesellschaft aus Mitteleuropa zusammen. Sie tauschten sich über aktuelle Entwicklungen in Europa und der Europäischen Union aus. Die Konferenz stand unter dem Motto: "Wie weiter in Europa?".

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Forum Mitteleuropa

In Wien traf sich das Forum Mitteleuropa beim Sächsischen Landtag zu seinem mittlerweile 10. Austausch. Der Einladung des Präsidenten des österreichischen Nationalrates, Wolfgang Sobotka, und der Initiative des Präsidenten den Sächsischen Landtags, Dr. Matthias Rößler, waren gut 100 Konferenzgäste in die Hofburg gefolgt. Darunter waren Abgeordnete aus dem Nationalrat sowie aus den Landtagen von Niederösterreich und Sachsen. Strenge Hygienevorschriften ermöglichten die Veranstaltung. Das Programm war gespickt mit hochkarätigen Rednern und interessanten Themen. Am Vormittag ging es um "Europa nach der Pandemie – Aufbruch oder Vertrauenskrise?", nachmittags stand die Frage "Europa im 21. Jahrhundert – moderner, nachhaltiger, globaler?" im Zentrum der Vorträge und Diskussionen.

Vielfalt und Stabilität als Stärken

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Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka
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Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler
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Dr. Maroš Šefčovič

Europa, so Wolfgang Sobotka in seiner Begrüßungsansprache, sehe sich nicht nur mit großen Machtblöcken in der Welt konfrontiert, sondern auch mit der Frage, wo im Innern seine Zukunft liege. Es existierten dabei verschiedene kollektive Erfahrungen, die bis heute das Verständnis in Europa unterschiedlich prägten. Man müsse das reflektieren und nicht aneinander vorbeireden. Durch seine Regionen sei Europa gänzlich anders als andere Kontinente, was aber zuvörderst eine Chance sei. Sie würden diverse Perspektiven schaffen, die es zu erkennen und zu erklären gelte, und da setze das Forum Mitteleuropa seit 10 Jahren erfolgreich an.       

Das Forum Mitteleuropa, so Dr. Matthias Rößler, wolle mitteleuropäische Akzente stärker ins öffentliche Bewusstsein Europas heben. Dass eine solche Initiative von Sachsen ausgehe verwundere nicht, habe Sachsen doch immer zu Mitteleuropa gehört. Nun müsse man Europa weiter gestalten. Die Realität sei dabei nicht leicht, Konflikte stünden im Raum, etwa im Hinblick auf die Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in den Mitgliedsstaaten. Überlagert werde all das von der Corona-Pandemie, die aber auch zeige, dass es nur einen gemeinsamen europäischen Ausweg gebe und man in Europa eine unbedingte Stabilität in den Bereichen Wirtschaft, Gesellschaft und Staat brauche.    

Mit einem Video-Impuls meldete sich anschließend der Vizepräsident der Europäischen Kommission, der Slowake Dr. Maroš Šefčovič, zu Wort und erläuterte die Strategie der EU hinsichtlich der globalen Megatrends der kommenden Jahre: vom Klimawandel über den technologischen Fortschritt bis hin zu den großen wirtschaftlichen, geopolitischen und demografischen Herausforderungen.

Aufbruch oder Vertrauenskrise?

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Dr. Gergely Gulyás
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Diskussion in Panel 1

Nach den Eröffnungsansprachen begann der erste Themenblock mit einem Vortrag von Dr. Gergely Gulyás, Minister im Amt des Ministerpräsidenten der Republik Ungarn. Er verwies darauf wie wichtig es sei, in Europa Unterschiede und Vielfalt zu bewahren. Der langfristige Erfolg der europäischen Zusammenarbeit hänge von der Fähigkeit ab, die Verpflichtungen, die von allen erfüllt werden müssten, klar zu definieren. Darüber hinaus solle man aber jene Bereiche benennen, in denen kein gemeinsamer Standpunkt nötig sei und die sich daraus ergebenden Unterschiede tolerieren.

Die anschließende Paneldiskussion drehte sich um die Corona-Pandemie. Die schwierige politische Aufgabe jeder Regierung sei es, so Gulyás, eine Balance zu finden, wie der Staat funktionieren und wie man zugleich die Pandemie beherrschen könne. Hier glichen sich die Ansätze der Staaten, wobei es das gemeinsame Interesse sei, die Freizügigkeit in der EU zu erhalten. Gleichwohl, so Ralf Beste, deutscher Botschafter in Österreich, hätten die Staaten zu Beginn der Pandemie auf Rezepte zurückgegriffen, die man für überwunden glaubte, indem sie etwa ihre Grenzen schlossen. Es sei zudem schnell ein negatives Urteil über die EU gefällt worden, noch bevor diese ihre Leistungsfähigkeit habe unter Beweis stellen können. Dem widersprach Prof. Dr. Ludger Kühnhardt, Direktor am Zentrum für Europäische Integrationsforschung, insofern, als dass die EU kaum weltfähig sei und zu wenig in die globale Pandemiebekämpfung investiert habe. Denn, da waren sich alle Diskutanten einig, die Pandemie sei weder in Europa noch in der Welt vorüber.

Europa im 21. Jahrhundert

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Peter Mišík
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Dr. Emil Brix
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Diskussion in Panel 2

Der zweite Themenblock weitete den Blick und befasste sich mit der Frage, wie die EU, wie Europa in der Welt des 21. Jahrhundert aufgestellt sein sollte. Peter Mišík, Botschafter der Slowakei in Österreich, wies in einem Impulsreferat darauf hin, dass es aktuell auf eine europäische Politik für mehr Sicherheit und Stabilität ankomme. Dr. Emil Brix, Direktor der Diplomatischen Akademie Wien, betonte, dass Europa einen fundamentalen Wandel von der bisher dominierenden Innensicht zur Außensicht brauche, wolle es in einem instabilen geopolitischen Umfeld seine Rolle definieren. Besonders im Verhältnis zu Russland, China und den Vereinigten Staaten brauche es in der EU eine gemeinsame Haltung, die derzeit nicht existiere.

Die nachfolgende Podiumsdiskussion griff zentrale Aspekte aus den Impulsreferaten auf, u.a. die Frage, ob Europa stärker „die Sprache der Macht“ sprechen solle. Prof. Dr. Petr Drulák vom Institute of International Relations Prague hegte hier erhebliche Zweifel, ob dies der EU in ihrer momentanen Form zufalle. Zunächst müsse Europa seine eigene Position kennen, um sie dann global behaupten zu können. Beides habe man bisher nicht gegeben, Europa sei von einem unabhängigen strategischen Akteur weit entfernt. Wobei sich Dr. Rafał Dutkiewicz, der frühere Oberbürgermeister von Wrocław, überzeugt zeigte, dass eine notwendige europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik nicht ohne die transatlantische Achse denkbar sei.

Hinweis: Alle Reden und Podiumsdiskussionen sind in voller Länge auf dem Youtube-Kanal des Sächsischen Landtags abrufbar. Sie erscheinen zudem als Heft 10 im Rahmen der FORUM-Reihe für Sie zum Nachlesen.

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Hofburg in Wien
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Plenum im Großen Redoutensaal