Orte des Gedenkens und Lernens

Datum 15.04.2024

Außengelände der Gedenkstätte Großschweidnitz mit niedergelegten Kränzen

Anhörung im Ausschuss für Wissenschaft, Hochschule, Medien, Kultur und Tourismus

Staatsregierung überarbeitet das Gesetz der Stiftung Sächsischer Gedenkstätten

Die Gedenkstätte zu Ehren der Euthanasieopfer in Großschweidnitz soll in die Trägerschaft der Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung der Opfer politischer Gewaltherrschaft (StSG) überführt werden. Zugleich will die Staatsregierung Verwaltungsabläufe und Sprachregelungen modernisieren.

Am 15. April 2024 fand im Ausschuss für Wissenschaft, Hochschule, Medien, Kultur und Tourismus des Sächsischen Landtags eine öffentliche Anhörung zum »Zweiten Gesetz zur Änderung des Sächsischen Gedenkstättenstiftungsgesetzes« (Drs 7/15648) statt. Dabei zeigten sich alle anwesenden Sachkundigen überzeugt, die Gesetzesnovelle stelle eine sinnvolle Reform dar. Zugleich wurde aber auch gemahnt, dass die finanziellen Mittel für die sächsischen Gedenkstätten erhöht werden müssten.

So befürchtete Peter Franke, Vorstandsvorsitzender des Fördervereins Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain, Mehrkosten durch die größere Arbeitslast der StSG. Zugleich regte er die Einführung einer »Demokratieklausel« für die Besetzung von Stiftungsgremien an. Dem stimmte Jonas Kühne, Referent bei der sächsischen Landesarbeitsgemeinschaft Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, zu. Es müsse sichergestellt werden, dass die Gremien nicht von antidemokratischen Akteuren besetzt würden, die der Arbeit und dem Ansehen der Stiftung schaden könnten. Als Vorbild für eine solche Regelung könne Thüringen dienen.

Mehr pädagogisches Personal notwendig

Die Bedeutung von Gedenkstätten als Orte des Lernens, der Aufklärung und der Begegnung hob Dr. Steffi Lehmann, wissenschaftliche Leiterin des Lern- und Gedenkorts Kaßberg-Gefängnis, hervor. Dazu sei eine zukunftsfähige Finanzierung nötig, die ausreichend Personal erlaube. Prof. Dr. Thomas Lindenberger, Direktor des Hannah-Ahrendt-Instituts für Totalitarismusforschung, urteilte, den Gedenkeinrichtungen fehle besonders pädagogisches Personal. Obgleich qualifizierte Personen verfügbar wären, gäbe es an den meisten Gedenkstätten nur eine halbe Stelle für pädagogische Betreuung. Dabei würden gerade die verhältnismäßig kleinen und mittelgroßen Gedenkstätten in Sachsen solches Personal benötigen. Diese Position teilte auch Sven Riesel, stellvertretender Geschäftsführer der StSG. Pädagogische Arbeit betreffe nicht nur die zahlreichen Schulklassen, die im Rahmen von Ausflügen die Gedenkstätten besuchen. Vielmehr würden alle Besucher von didaktisch wertvollen Texten und einem lernorientierten Aufbau der Ausstellungen profitieren.

Erinnerung an die Opfer der SED hochhalten

Angelika Barbe vom Vorstand des Verbands politisch Verfolgter des Kommunismus forderte einen größeren öffentlichen Rahmen für die Erinnerung an die Opfer der SED-Diktatur und den Widerstand der Bevölkerung. Wichtige Ereignisse wie der Volksaufstand vom 17. Juni 1953 müssten in der Öffentlichkeit präsenter sein. Dass viele der Opfer der Staatspartei der DDR noch am Leben seien und zusätzliche Unterstützung benötigten, betonte Evelyn Zupke, Bundesbeauftragte für die Opfer der SED-Diktatur. Sie erinnerte daran, dass die Aufarbeitung der Vergangenheit dabei helfe, autoritären Tendenzen in der Gegenwart entgegenzutreten. Über den Gesetzentwurf wird voraussichtlich in der Ausschusssitzung am 27. Mai 2024 abgestimmt.

Sachkundige

  • Angelika Barbe, Dipl.-Biologin, eMdB
  • Jonas Kühne, Referent, sächsische Landesarbeitsgemeinschaft Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus
  • Dr. Steffi Lehmann, wissenschaftliche Leitung, Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e. V.
  • Prof. Dr. Thomas Lindenberger, Direktor des HAIT/Professor für Totalitarismusforschung an der TU, Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung e.V. an der TU Dresden (HAIT)Dresden (per Videozuschaltung)
  • Sven Riesel, stellvertretender Geschäftsführer, wissenschaftlicher Referent, Stiftung Sächsische Gedenkstätten
  • Evelyn Zupke, Bundesbeauftragte für die Opfer der SED-DiktaturEvelyn

Protokoll

Hier gelangen Sie zum Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung.

Autor: Jonas Böhm