Am 14. April 2022 wurde im Ausschuss für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft der Abschlussbericht der "Zukunftskommission Landwirtschaft" angehört. Die Kommission war Ende 2019 auf Bundesebene eingesetzt worden. Ihr Bericht umfasst gemeinsame Vorschläge der Beteiligten aus Agrar- und Umweltverbänden für eine zukunftsorientierte Landwirtschaft in Deutschland. Mit dem nun behandelten Antrag wollen die Fraktionen CDU, BÜNDNISGRÜNE und SPD erfahren, welche Empfehlungen im Freistaat Sachsen wirksam werden könnten.
Als Sachkundige geladen waren Landwirte, die an der Zukunftskommission Landwirtschaft mitgewirkt hatten sowie Vertreter aus Forschungsinstituten und sächsischen Agrarverbänden. Sie stellten eindrücklich dar, dass sich die moderne Landwirtschaft mit einer ganzen Reihe an Zielkonflikten beschäftigen muss: Ernten sollen ertragreich und Lebensmittel nicht schadstoffbelastet sein. Ferner sollen sie dem Klimawandel gegenüber möglichst resilient sein. Ökologischer Landbau solle dabei – unter anderem zum Schutz von Grundwasser – bevorzugt werden, verbrauche aber mehr Fläche, die grundsätzlich knapp sei. Zugleich sollen Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft reduziert und Biodiversität gefördert werden. Über allem schwingt zudem die Frage, für wen Erträge eigentlich produziert werden sollen: für den Teller, den Trog oder den Tank? Prof. Dr. Knut Schmidtke, Direktor eines Schweizer Forschungsinstituts für biologischen Anbau, erklärte, man könne nicht lediglich ein Ziel priorisieren, sondern müsse versuchen, die Zielstellungen klug miteinander zu kombinieren.
Die Zukunftskommission des Bundes hat nach Auskunft der Sachkundigen einen wesentlichen Teil ihres Auftrags erfüllt. Ihr gelang es, die oftmals zerstrittenen Akteure aus Agrar- und Umweltverbänden an einen Tisch zu bringen. Sie konnten sich dort auf gemeinsame Leitlinien für die Landwirtschaft der Zukunft verständigen. So berichtete Werner Schwarz, Präsident des Bauernverbands Schleswig-Holstein, man stehe auch nach Ende der Kommissionsarbeit weiter im konstruktiven Austausch miteinander. Konsens sei, dass es offenkundig einer Transformation bedürfe – denn auch wenn Landwirtschaft natürlich systemrelevant sei, habe sie zugleich negative Umweltauswirkungen. Besonders hart für viele Landwirte: Die verursachten Kosten übersteigen die Wertschöpfung, die durch die Landwirtschaft geschaffen werde. Wichtig sei allerdings die Erkenntnis gewesen, dass die Umgestaltung nicht als Aufgabe dem Berufsstand der Landwirte übertragen werden solle, so Fabian Wendenburg, Bundesgeschäftsführer »Familienbetriebe Land und Forst e. V.«. Es handle sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Er warnte zugleich davor, wegen des Kriegs in der Ukraine und seiner Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion nun Entscheidungen zu treffen, mit denen Klima- und Artenschutz zunächst hintenangestellt würden. Dies verlagere die Probleme nur zeitlich. Zur Nahrungsmittelproduktion brauche es letztlich funktionierende Ökosysteme.
Wie in vielen anderen Regionen, müsse man sich nun auf der politischen Ebene Gedanken machen, wie die Kommissionsvorschläge in Sachsen sinnvoll umgesetzt werden können. Auch auf die Verbraucher komme eine große Verantwortung zu, denn: Die Produktion folge dem Konsum. Bei gleichbleibenden Konsumgewohnheiten werde man keine nachhaltige Transformation der Landwirtschaft erreichen.
Prof. Dr. agr. Knut Schmidtke (per Video zugeschaltet), Direktor für Forschung, Extension & Innovation Forschungsinstitut für biologischen Anbau (FiBL) Schweiz
Werner Schwarz (per Video zugeschaltet), Präsident Bauernverband Schleswig-Holstein e. V. Rendsburg
Fabian Wendenburg (per Video zugeschaltet), Geschäftsführer Familienbetriebe Land und Forst e. V.
Dr. Dr. h. c. Prof. a. D. Harald von Witzke (per Video zugeschaltet), Thaer Forum für Agrikultur e. V. Söllingen
Hier gelangen Sie zum Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung.
Autorin: Janina Wackernagel