Kontroverse zur Windenergie

Datum 30.05.2025

Ein ausgedruckter Gesetzentwurf liegt auf einem Tisch im Plenasaal.

Anhörung im Ausschuss für Infrastruktur und Landesentwicklung

Anhörung fördert unterschiedliche Sichtweisen zutage

Mit zwei eher gegensätzlichen Gesetzentwürfen befasste sich der Ausschuss für Infrastruktur und Landesentwicklung in einer öffentlichen Anhörung am 30. Mai 2025: das »Sächsische Windenergie­ordnungsgesetz« (AfD-Fraktion) sowie das »Gesetz zur Änderung planungsrechtlicher Vorschriften und akzeptanzfördernder Maßnahmen im Bereich der Erneuerbaren Energien« (Fraktionen CDU und SPD). So unterschiedlich wie die Gesetzestexte waren auch die Sichtweisen der Sachkundigen.

Für mehr Akzeptanz und rechtliche Kongruenz

Prof. Dr. Andreas Berkner von der Akademie für Raumentwicklung der Leibniz-Gesellschaft bewertete zunächst den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen. CDU und SPD ginge es vor allem darum, die Praktikabilität des Ausbaus erneuerbarer Energien zu erhöhen sowie ihre Akzeptanz zu verbessern. Insbesondere bei der Windenergie sei ein großer Teil durch Bundesrecht vorgegeben. Die vorgelegte Novelle trage dazu bei, Bundes- und Landesgesetzgebung besser miteinander in Einklang zu bringen. Die AfD-Fraktion versuche hingegen, den Ausbau der erneuerbaren Energien mehr oder weniger zu verhindern, befand Prof. Dr. Klaus Joachim Grigoleit von der TU Dortmund.

Die Kommunen müssten spür­bar von der Einrichtung von Windkraftanlagen profitieren, forderte Mario Müller vom Bund der Energie- und Wasserwirtschaft in Mitteldeutschland. Die im Koalitionsentwurf vorgesehene Möglichkeit, nicht nur die betroffenen Kommunen, sondern auch unmittelbar deren Einwohner an Gewinnen finanziell zu beteiligen, wurde von mehreren Sachkundigen gelobt. Wie dies in der Praxis funktionieren solle, sei aber noch nicht klar genug geregelt.

Die im Gesetzentwurf der Koalition vorgesehene Anpassung der Flächenausweisung stieß bei den Sachkundigen auf ein geteiltes Echo. Statt ursprünglich 2 Prozent sollen vorerst nur 1,3 Prozent der Landesfläche für Windenergieanlagen verfügbar gemacht werden. Falk Zeuner, Präsident der Vereinigung zur Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energien in Sachsen, bezeichnete die Absenkung als kontraproduktiv. Wolfgang Zettwitz vom Planungsverband Oberlausitz-Niederschlesien führte aus, dass man bei der Suche von Flächen für Windkraftanlagen durchaus Zielkonflikte erlebe. So hätten sich in der Region Görlitz Schwierigkeiten gezeigt, wenn in einzelnen Gegenden zeitgleich Großprojekte für den Strukturwandel geplant würden. Er warb dafür, Energiewende-­projekten mehr Zeit zu geben. Möglicherweise könnten nach ihrer Sanierung auch ehemalige Bergbauflächen genutzt werden. Die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, Yvonne Sommerfeld (Sächsischer Landkreistag) und Max Vörtler (Sächsischer Städte- und Gemeindetag), befürworteten eine zeitliche Entzerrung der Flächenaus­weisung. Diezunächst vorge­sehene Frist bis Ende 2027 sei zu ambitioniert.

Grundsatzkritik an der Energiewende

Stadt- und Landesplaner Dr. Gerd Rojahn kritisierte die angestrebte Energiewende grundsätzlich. Aus seiner Sicht hätte die Planung von Anlagen, die erneuerbare Energie erzeugten, seit der Einführung des EEG einen höheren Stellenwert als andere öffentliche Interessen- und Schutz­güter. In der Praxis führe dies zu enormen Umsetzungsproblemen. Eher ablehnend äußerte sich auch Prof. Dr. Stefan Kofner von der Hochschule ­Zittau/Görlitz. In seinem Vortrag ging er vornehmlich auf die Nachteile der Windkraftanlagen ein. Um durch sie regio­nale Energiesicherheit zu erreichen, fehle es bislang u. a. an ausreichenden Investitionen in die Netz­infrastruktur und Stromspeichertechnologien. Auch könne es zu Entzugseffekten bei Investitionen an anderer Stelle kommen.

Der Ausschuss für Infrastruktur und Landesentwicklung wird sich voraussichtlich Ende August erneut mit beiden Gesetzentwürfen befassen und jeweils Beschlussempfehlungen an das Plenum abgeben.

Sachkundige

  • Prof. Dr. habil. Andreas Berkner, Leiter Regionale Planungsstelle, Regionaler Planungsverband Leipzig-Westsachsen, Mitglied Akademie für Raumentwicklung
  • Prof. Dr. Klaus Joachim Grigoleit, Universitätsprofessor an der Technischen Universität Dortmund
  • Prof. Dr. Stefan Kofner, Hochschullehrer an der Hochschule Zittau/Görlitz
  • Mario Müller, Geschäftsführer BDEW Mitteldeutschland
  • Dr. Gerd Rojahn, Stadt-, Regional- und Landesplaner
  • Yvonne Sommerfeld, Referentin Sächsischer Landkreistag
  • Max Vörtler, Referent Sächsischer Städte- und Gemeindetag
  • Wolfgang Zettwitz, Leiter der Verbandsverwaltung Regionaler Planungsverband Oberlausitz-Niederschlesien
  • Falk Zeuner, Präsident VEE Sachsen e. V.

Protokoll/Anhörungsvideo

Hier gelangen Sie zum Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung bzw. zum Video.

Autorin: Janina Wackernagel