Der Ausschuss für Schule und Bildung diskutierte am 25. Mai 2020 verschiedene Varianten einer Gemeinschaftsschule. In der Sitzung kamen insgesamt 15 Sachkundige zu Wort. Nach dem erfolgreichen Volksantrag im letzten Jahr ist der Landtag verpflichtet, den Gesetzentwurf zu beraten.
Im Januar brachte das Bündnis »Gemeinsam länger lernen in Sachsen e. V.« seinen Gesetzentwurf zur Einführung von Gemeinschaftsschulen in Sachsen im Plenum ein (Landtagskurier 1/2020). Das Parlament überwies den Volksantrag nach einer ersten Beratung an den zuständigen Ausschuss für Schule und Bildung, der dazu am 25. Mai 2020 eine öffentliche Anhörung durchführte.
Zu seiner 3. Sitzung lud der Ausschuss insgesamt 15 Sachkundige sowie die Vertrauenspersonen der Initiatoren in den Plenarsaal des Landtags ein. Die Frage nach Einführung einer neuen Schulart in Sachsen bewegt schon seit längerer Zeit die Gemüter. Es war daher nicht überraschend, dass den Ausschussmitgliedern zur Anhörung neben den vielen Präsentationen der Sachkundigen vor Ort auch noch zahlreiche weitere Dokumente vorlagen, darunter zum Beispiel schriftliche Stellungnahmen vom Landesbildungsrat und dem Rat für sorbische Angelegenheiten.
Die mögliche Erweiterung des sächsischen Schulsystems um die Schulart Gemeinschaftsschule scheint nur auf den ersten Blick eine »einfache« Reform zu sein. Schon die vielen Möglichkeiten, anhand von gesetzlichen Detailvorgaben Stellschrauben in die eine oder andere Richtung zu drehen, zeigen aber, dass es so einfach womöglich doch nicht ist. So diskutierte man im Schulausschuss knapp vier Stunden lang über die verschiedenen Varianten, wie eine Gemeinschaftsschule aussehen könnte.
Zu diesen verschiedenen Modellen – ein Blick auf andere Bundesländer zeigt noch mehr unterschiedliche Vorstellungen von Gemeinschaftsschulen – äußerten sich die Sachkundigen in ihren Kurzvorträgen sehr differenziert und mit teils sehr leidenschaftlichen Plädoyers für die eine oder andere Variante. In Anwesenheit des Kultusministers Christian Piwarz, CDU, und vor einer rege besetzten Besuchertribüne folgten anschließend mehrere Fragerunden der Ausschussmitglieder.
Klar wurde dabei der Grundkonsens, nämlich sächsischen Schülerinnen und Schülern auch künftig ein leistungsfähiges und zugleich gerechtes Schulsystem bieten zu können. Wie aber das Schulsystem genau ausgestaltet sein muss, um diese Ziele zu erreichen, darüber gibt es sehr unterschiedliche Ansichten. Ein Hauptanliegen der Initiatoren des Volksantrags ist, dass Kinder nicht schon nach Klasse 4 auf verschiedene Bildungswege geschickt werden. Dies sei zum einen zu früh und verfestige zum anderen soziale Ungleichheit. Dem widersprechen jene, die warnen, dass es kaum leistbar sei, in sehr heterogenen Klassen für jeden Schüler ein auf sein Können und Potenzial zugeschnittenes Bildungsangebot zu gestalten. Neben diesen Positionen ging es auch immer wieder um die Frage, auf welche Art besonders gut sichergestellt werden könnte, dass Familien, die im ländlichen Raum leben, bei der Entscheidung über die optimale Schule für ihr Kind tatsächlich die freie Auswahl haben.
Hinter den Kulissen
Der ursprünglich geplante Anhörungstermin im April konnte wegen der zugespitzten Lage in der Corona-Pandemie nicht gehalten werden. Danach entschied das Präsidium des Landtags, ab Mai wieder alle Ausschüsse vollumfänglich tagen zu lassen. So standen für alle Ausschusssitzungen nur zwei ausreichend große Räume im Landtagsgebäude zur Verfügung, einer davon ist der Plenarsaal. Nur dort konnten öffentliche Tagesordnungspunkte beraten werden. Zusätzlich galten besondere Hygienevorgaben: Um die Sitzordnung im Plenarsaal zu entzerren, saßen ein Teil der Sachkundigen auf Plätzen, die sonst für die Abgeordneten vorgesehen sind. Auch auf der Besuchertribüne gab es nur begrenzte Sitzplätze. Desinfektionsmittel stand bereit, um die Präsentationstechnik virenfrei zu halten, es galt die dringende Bitte, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen und – ein nicht unwichtiges Detail – die Anwesenden sollten sich mit dem eigenen Stift in die Anwesenheitslisten eintragen.
Es wird deutlich: Zwar sind mit dem vorliegenden Volksantrag viele Besonderheiten verbunden, schließlich ist dies nach fast zwei Jahrzehnten der erste Gesetzentwurf, für den das Quorum für einen Volksantrag erreicht wurde. Aber dennoch – mit dem Erhalt einer Landtags- Drucksachennummer durchläuft der Entwurf nun ein ganz reguläres parlamentarisches Verfahren. Und auch ein Gesetzentwurf, der aus einem Volksantrag hervorgegangen ist, ist im parlamentarischen Prozess nicht immun gegen Änderungen. Vielmehr gilt es als ausgemacht, dass ein Gesetz selten so aus dem Gesetzgebungsverfahren herausgeht, wie es hineingekommen ist. Wer hautnah erleben möchte, wie um ein gutes Ergebnis gerungen wird, hat dazu in der nächsten Sitzung des Schulausschusses am 3. Juli 2020 Gelegenheit. Die Ausschussmitglieder haben entschieden, auch die weitere Beratung des Gesetzentwurfes öffentlich vorzunehmen. Nähere Informationen für interessierte Besucherinnen und Besucher (ggf. auch zu Corona-bedingten Einschränkungen) finden Sie auf www.landtag.sachsen.de.