Europa im Fokus

Datum 18.01.2023

Deutschlandflagge, Europaflagge, Tschechische Flagge nebeneinander

Anhörung im Ausschuss für Verfassung und Recht, Demokratie, Europa und Gleichstellung

Sachsen fördert Europabildung und grenzüberschreitende Zusammenarbeit

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Der Antrag zur Europabildung soll die Lage Sachsens als wichtige Grenzregion in Europa würdigen.
Detailansicht öffnen: Botschafter Tomáš Kafka bei seinem Besuch am 22. Juni 2022
Botschafter Tomáš Kafka zu Gast im Europaausschuss

In seiner Sitzung am 18. Januar 2023 beriet der Ausschuss für Verfassung und Recht, Demokratie, Europa und Gleichstellung in öffentlicher Sitzung zu zwei Anträgen mit europa-politischem Schwerpunkt.

Die Koalitionsfraktionen wollen den europäischen Gedanken in Sachsen weiter fördern. Dazu haben CDU, BÜNDNISGRÜNE und SPD die Anträge „Gesamtkonzept Europabildung im Freistaat Sachsen umsetzen“ sowie „Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit des Freistaates Sachsen mit der Tschechischen Republik stärken!“ in den Europaausschuss des Landtags eingebracht. Zuvor hatte es zu beiden Themen bereits öffentliche Anhörungen gegeben.

Gesamtkonzept Europabildung umsetzen

Der Antrag zur Europabildung soll die Lage Sachsens als eine wichtige Grenzregion in Europa würdigen. Dafür brauche es nach Ansicht der Koalition ein Gesamtkonzept, an dem mehrere Staatsministerien beteiligt sein müssten. Zur Europabildung gehöre demnach nicht nur die allgemeine die Förderung des europäischen Gedankens, sondern konkrete Austausche, Partnerprojekte, Erwachsenenfortbildungen und Städtepartnerschaften. Auch  die stärkere Vernetzung von sächsischen Lehrkräften mit ihren Kollegen in anderen europäischen Ländern sei wichtig. Dementsprechend war der Ausschuss für Schule und Bildung mitberatend beteiligt.

Die Sachkundigen betonten bereits während einer vorangegangenen Anhörung, dass die persönliche Begegnung zwischen Menschen aus den europäischen Nachbarstaaten der Schlüssel für eine gute Zusammenarbeit sei. Sie warben für eine weitere Förderung der Nachbarsprachen schon im Kindergartenalter sowie die Stärkung der europäischen Bildungspolitik im sächsischen Lehramtsstudium.

Die Staatsregierung erklärte in ihrer Stellungnahme zum Antrag, eine Bestandsaufnahme europapolitischer Bildungsangebote vornehmen zu wollen. DIE LINKE signalisierte in der Beratung am 18. Januar 2023, dem Antrag zuzustimmen, da man den Gedanken einer erfahrbaren Europabildung unterstütze. Kritisch zeigte sich hingegen die AfD-Fraktion. Sie hinterfragte, ob es für das Anliegen überhaupt genug Kapazitäten im sächsischen Bildungssystem gebe.

Der Sächsische Landtag hat im Dezember Gelder für die Fortsetzung des sächsischen Interrail-Programms »Saxorail« freigegeben. Für die vom Freistaat und der EU geförderten Zugtickets können sich Jugendliche im Alter zwischen 18 und 27 Jahren bewerben. Die Gewinner können auf ausgewählten Strecken quer durch Europa reisen. Damit sollen persönliche Begegnungen über Landesgrenzen hinweg gefördert werden.

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit ausbauen

Neben dem Ausbau der Europabildung fordern die Koalitionsfraktionen in einem zweiten Antrag die Staatsregierung auf, einen umfassenden Bericht über die Beziehungen Sachsens zur Tschechischen Republik vorzulegen. Dieser soll Vorschläge für die Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit beinhalten.

Als besonderer Gast im Europaausschuss war am 30. September 2022 der Botschafter der Tschechischen Republik, Tomáš Kafka, geladen. Mit Verweis auf den russischen Krieg gegen die Ukraine betonte er, wie wichtig nachbarschaftliche Stabilität als Gegenstück zu den Unsicherheiten in der neuen sicherheitspolitischen Lage in Europa sei. Auch die gegenseitige Unterstützung während der grenzübergreifenden Waldbrände im Sommer 2022 habe gezeigt, dass man füreinander da sein müsse.

Verlässliche Förderung

Weitere Sachkundige forderten, junge Menschen noch stärker an die jeweilige Nachbarsprache heranzuführen. Deutsch als Fremdsprache interessiere heute nur noch wenige junge Tschechen. Doch gerade für die kommunalen Verwaltungen im Grenzgebiet sei es äußerst vorteilhaft, direkt miteinander kommunizieren zu können. Hierzu wurden verschiedene Ideen vorgestellt, um insbesondere Sprachlehrer beiderseits der Grenze miteinander zu vernetzen. Um die vielen bestehenden deutsch-­tschechischen Projekte zu 
stärken, forderten die Sachkundigen eine Verstetigung der Förderung – auch, um den Partnern Verlässlichkeit zu signalisieren. Die Koalitionsfraktionen regten in der abschließenden Beratung des Ausschusses am 18. Januar 2023 ebenfalls an, möglichst viele Initiativen auch zukünftig zu fördern. Die AfD-Fraktion bemängelte, der Antrag berücksichtige den grenz­überschreitenden Brand- und Katastrophenschutz sowie das Thema Migration nicht ausreichend. Die Staatsregierung kündigte indes an, den Landtag über geplante Maß­nahmen und beabsichtigte Änderungen bezüglich der gemeinsamen Erklärung zwischen dem Freistaat Sachsen und der Tschechischen Republik zu informieren.

Grenznahe Zusammenarbeit in der Bildungspraxis

Am Friedrich-Schiller-Gym­nasium Pirna gibt es eine deutschlandweit einmalige binational-bilinguale deutsch-tschechische Ausbildung. Das heißt, dass Schülerinnen und Schüler bereits ab der 5. Klasse Tschechisch als zweite Fremd­sprache lernen und diese in einigen Fächern sowie in ihrer Freizeit anwenden. Ab der 7. Stufe kommen dann zu jeder Klasse tschechische Schüler hinzu, die im Internat in Pirna leben. Auf diese Weise lernen besonders deutsche Schüler die tschechische Kultur intensiv kennen. Das Abiturzeugnis wird sowohl in Deutschland als auch in der Tschechischen Republik vollwertig anerkannt.

Der Ausschuss für Verfassung und Recht, Demokratie, Europa und Gleichstellung sprach dem Sächsischen Landtag für beide Anträge die Empfehlung aus, sie anzunehmen.

Sachkundige

  • Dr. Kristina Chmelar, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Institut für Politikwissenschaft, TU Dresden
  • Nadine Hacker, Projektkoordinatorin KINDERVEREINIGUNG® Chemnitz e. V.
  • Rüdiger Kubsch, Geschäftsführer „Euroregion Elbe Labe“
  • Dr. Jörg Michaelis, Präsident des Polizeiverwaltungsamtes
  • Steffen Schönicke, Geschäftsführer EUREGIO EGRENSIS Arbeitsgemeinschaft Sachsen/Thüringen e.V.
  • Clemens Škoda, Referent für Kultur und Ausland Domowina – Bund Lausitzer Sorben e.V

Protokoll

Hier gelangen Sie zum Wortprotokoll öffentliche Anhörung.

Autorin: Janina Wackernagel