Elf Stunden Anhörung für 43 Milliarden Euro

Datum 25.01.2021

Knapp 26 Zentimeter Höhe misst der Papierstapel des Haushaltsentwurfs 2021/2022.

Knapp 26 Zentimeter Höhe misst der Papierstapel des Haushaltsentwurfs 2021/2022.

Anhörung im Haushalts- und Finanzausschuss

Ausschüsse beraten den aktuellen Haushaltsentwurf

Der Doppelhaushalt für die Jahre 2021/2022 ist eingebracht – die vermeintliche Stille in der Öffentlichkeit trügt aber. Das Verfahren bestimmt seit Wochen ganz wesentlich den laufenden Betrieb im Landtag. Wie der Entwurf der Staatsregierung aufgenommen wird und welche Schwerpunkte die Fraktionen noch setzen wollen, kam in den ersten Beratungen bereits zum Ausdruck.

Im Januar hatte – nach zweimaliger Verschiebung der Zeitpläne – die Staatsregierung ihren Entwurf für den Doppelhaushalt 2021/2022 ins Plenum eingebracht. Es folgten in den letzten Januarwochen die Einbringungen der Einzelpläne durch die Staatsministerinnen und -minister in den jeweils zuständigen Fachausschüssen. Eine zentrale Rolle spielt im Haushaltsverfahren naturgemäß der Haushalts- und Finanzausschuss. Er ist federführend im Verfahren, dort laufen alle Fäden zusammen. So war es auch der Haushaltsausschuss, in dem die für dieses Haushaltsverfahren zentralen Anhörungen am 25. und 26. Januar 2021 stattfanden. Insgesamt elf Stunden legten Experten ihre Einschätzung zum Haushaltsgesetz (mit seinen 15 Einzelplänen), zum Haushaltsbegleitgesetz sowie zum Gesetz zu den Finanzbeziehungen zwischen dem Freistaat Sachsen und seinen Kommunen dar. Der Ausschuss hatte 25 Sachkundige geladen, auch die neun mitberatenden Ausschüsse waren zur Teilnahme aufgefordert. Mithilfe der stark eingespannten Stenografen kamen so insgesamt über 300 Seiten Protokoll zusammen, die im Internet nachzulesen sind (siehe QR-Codes rechte Seite).

AUSGEWÄHLTE SCHWERPUNKTE DER HAUSHALTSBERATUNGEN

  • Der Breitbandausbau in Sachsen wird derzeit mit einem komplexen Förderprogramm vorangetrieben. Die Antragstellung wurde wesentlich vereinfacht, sodass die Umsetzung beschleunigt werden kann. Sachsen ist in der Breitbandverfügbarkeit seinen ostdeutschen Nachbarländern voraus. Eine Versorgung mit 1 000 Mbit/s erreicht aktuell 42,5 % der Haushalte. Dennoch gibt es viele Regionen, die nur mit bis zu 30 Mbit/s versorgt sind. Um Lücken zu schließen, wartet man noch auf weitere Förderprogramme. Weniger gut erschlossene Gebiete sollen zumindest an 100 Mbit/s herangeführt werden. Dafür braucht es weitere Investitionen. Nach Wahrnehmung der Kommunen gibt es dabei massive Kostenerhöhungen.
  • Zur Strukturentwicklung in den Sächsischen Braunkohleregionen soll ein Fonds aufgelegt werden. Damit wird bessere Transparenz über entsprechende Landes- und Bundesmittel hergestellt. Die Mittel können so außerdem flexibler bewirtschaftet und überdies für mehrjährige Projekte finanziell dargestellt werden. Aus Sicht der Kommunen ist der Strukturwandel eine enorme Herausforderung – zumal Arbeitsplätze nicht einfach direkt finanziert, sondern lediglich die Rand- und Rahmenbedingungen beeinflusst werden dürfen.
  • Den traditionell größten Posten im Landeshaushalt stellen die Personalkosten im öffentlichen Dienst dar. Hier wurde vonseiten einiger Sachkundiger eine ehrliche Aufgabenkritik angemahnt. Sogleich gab es aber auch Warnungen davor, Personalpolitik nur als Kostenfaktor zu sehen – der Freistaat Sachsen müsse sich schließlich auch als attraktiver Arbeitgeber positionieren, um ausreichend Fachkräfte zu gewinnen.

Unterschiedliche Ansprüche an finanzpolitische Entscheidungen

In den Haushaltsverhandlungen müssen die Abgeordneten versuchen, teils sehr unterschiedlichen Ansprüchen gerecht zu werden. Kein Ressort, keine Berufsgruppe möchte bei den Zuweisungen der nächsten Jahre benachteiligt werden. Und dennoch kann jeder Euro nur einmal ausgegeben werden. Thomas Meyer vom Bund der Steuerzahler Sachsen bescheinigte den Abgeordneten, dass die solide Haushaltsführung der vergangenen Jahre in der nun schwierigen Pandemielage trotzdem eine gewisse Handlungsfähigkeit ermöglicht. Prof. Dr. Joachim Ragnitz vom ifo Institut Dresden bewertete den Haushaltsplan aufgrund der geplanten Rücklagenentnahmen als nun nicht mehr grundsolide. Der Präsident des Sächsischen Rechnungshofs, Prof. Dr. Karl-Heinz Binus, betonte in der Anhörung, dass es derzeit praktisch keinen Raum für freiwillige Ausgaben gebe und dass sich dieser mittelfristig auch noch verkleinern werde. Er bewertete den Entwurf zum Doppelhaushalt in der vorliegenden Form als noch nicht beschlussfähig. Abschließend regte er die Fraktionen dazu an, für kommende Haushaltsjahre weitergehende Impulse zu setzen, insbesondere um die Staatsregierung mit der Überprüfung des Personalbedarfs sowie der Landesaufgaben zu beauftragen. Der Geschäftsführer des Sächsischen Landkreistages, André Jacob, bat als Vertreter der kommunalen Spitzenverbände um Nachbesserungen. Die Kommunen wünschen sich noch stärkere Investitionen, speziell in den Bereichen Straßenbau, Krankenhäuser, Kita und Schulhausbau, Kultureinrichtungen und Brandschutz. Er erinnerte daran, dass die kommunale Ebene rund zwei Drittel aller Investitionsaufträge im Freistaat Sachsen vergebe.

Alle Wünsche unter einen geschrumpften Hut bringen?

In den kommenden Wochen sind detaillierte Behandlungen aller Einzelpläne in den jeweils zuständigen Fachausschüssen vorgesehen. Dabei werden dann auch zahlreiche Änderungsanträge der Fraktionen erwartet. Die Bitten und Ratschläge der geladenen Experten, aber auch verschiedene Eingaben von Verbänden sowie die jeweilige politische Schwerpunktsetzung dürften dann eine große Rolle spielen. Mitte Mai wird es dann eine Klausurwoche des Haushalts- und Finanzausschusses geben, in der alle Änderungen noch einmal in der Gesamtschau bewertet werden. Die Ergebnisse gehen dann in die Endabstimmung ins Plenum.