Die Frage, ob denn nun „Anfangen“ oder „Aufhören“ schwieriger sei, stellt sich für Lars Rohwer nicht wirklich. Für ihn sind Kontinuität und Flexibilität gleichermaßen Werte, die für ihn nicht verhandelbar sind. Nun will er wieder etwas verändern: nach 13 Jahren Vorsitz im Kuratorium der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung blickt er auf einen erfüllten Abschnitt seines Berufslebens zurück: „Ich habe sehr viel gelernt!“ Begriffen habe er, wie politische Bildung funktioniere, sagt er, lächelt – und auch, wie nicht.
Lars Rohwer kennt das politische Geschäft von Jugend an – im Sinne des Wortes. Als Mitglied der CDU hatte er vor der Wahl 1990 einen Listenplatz, der ihm allerdings erst 1991 mit den Ausscheiden von Joachim Dirschka etwas nutzte: Rohwer wurde noch als 18jähriger das jüngste Mitglied des Sächsischen Landtags.
„So etwas kann man nie planen“, weiß er und erinnert sich an die zweite Wahlperiode als er 1998 – wieder als Nachrücker – über einen Listenplatz für den in den Bundestag gewählten Arnold Vaatz in den Landtag einzog. „Das war ein Anderer, der damals Abgeordneter wurde als der sieben Jahre zuvor“. Sicherer und ausgewogener sei er in den Jahren zwischen 94 und 98 geworden; irgendwie reifer: „Ich war gleich mit 18 mein eigener Chef. Das bringt für manchen mehr Nachteile als Vorteile mit sich“. Die 2. Legislaturperiode des Sächsischen Landtags begann ohne Lars Rohwer, der sich eine andere Tätigkeit suchte. Heute ist das für ihn ein Vorteil: „Die Zeit damals – mit einem Vorgesetzten, der klare Ansagen machte – hat mir sehr gut getan!“ Bei den Wahlen 1999, 2004, 2009 und 2014 konnte Rohwer immer seinen Wahlkreis im Dresdner Westen gewinnen und führte in der Zeit zwei Ausschüsse.
Vor 13 Jahren wurde er als Nachfolger von Horst Rasch, der das Innenministerium übernahm, ins Amt des Vorsitzenden der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung gewählt. Da hätten sich mannigfaltige Möglichkeiten aufgetan, zu gestalten, erinnert er sich selbstbewusst: Wir haben viel gemacht und waren sicherlich auch manchmal unbequem“. Die öffentliche Diskussion des Armutsberichts unter dem ehemaligen Direktor Wolf-Dieter Legall, stieß im Lande nicht nur auf Zustimmung.
Heute sei „Pegida“ für Viele zum Reizwort geworden. Die Rolle der Landeszentrale sei zwar schnell und einfach zu beschreiben, doch berge die Umsetzung einige Gefahren, sprich: politische Untiefen. „Die Landeszentrale muss neutral sein.“ Das klinge einfach. „Die Landeszentrale muss mithelfen, dafür zu sorgen, dass so viele Stimmen wie möglich gehört werden, und dass miteinander geredet wird. Das ist mitunter alles andere als einfach!“
Wer einer Politik das Wort rede, die versuche, Gedanken und Meinungen festzulegen, führe in den Zentralismus: „Die Landeszentrale muss auch künftig dafür sorgen, dass alle Seiten zu Wort kommen können, und dass sie selbst keine vorgefestigte Meinung transportiert!“
Die Augen blitzen und die Stimme ist fest. Wer solche Worte findet, hat sich der Sache verschrieben, sollte man glauben. Nun will er nicht mehr den Vorsitz des Gremiums haben, das Entscheidungen trifft. Macht das Sinn? Über das Gesicht des Berufspolitikers huscht ein Lächeln: „Es ist die Sache mit der Neutralität. Ich will wieder mehr kontrovers diskutieren können, auch polarisieren, wenn´s denn sein muss, in jedem Fall aber immer frei reden können.“
Das Kuratorium der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung, so mahnt der Landtagsabgeordnete, müsse als ein Wächter über die Gleichberechtigung aller Gruppen der Gesellschaft im Sinne der im Grundgesetz verbrieften Rechte anerkannt sein. Das bedeute Enthaltsamkeit, wenn es um emotionale Darstellungen in der Politik gehe und fordere Zähigkeit, die möglicherweise nie endende Anstrengung auf sich zu nehmen, sich nicht vereinnahmen zu lassen. Doch komme wohl der Zeitpunkt, an dem es gut sei. „Dreizehn Jahre sind genug“, hat Rohwer nun für sich beschlossen!
Was nun kommt? Das politische Geschäft werde ihn nicht loslassen. Seine Arbeit in der Fraktion sei spannend und fülle ihn aus. Sachverstand könne er einbringen, ist er sich sicher und wird ernst: „Ich habe viel geschenkt bekommen, von dieser Gesellschaft; sie hat mich ausgebildet und finanziell unterstützt. Ich denke, es ist mehr als recht und billig, so viel wie möglich zurückzugeben!“
Das geschehe im Ehrenamt und das sei von großer Bedeutung für eine aufgeklärte Gesellschaft und ihm eine Herzensangelegenheit, beharrt er. Es gehe ihm dabei vor allem um junge Menschen unterschiedlichster Couleur, zum Beispiel beim Deutschen Roten Kreuz (DRK), im Dresdner SC 1898 und in den Kirchen, wo sie nach Orientierung suchten. Das Engagement im sozialen Bereich sei ein zutiefst demokratisches Verhalten, wirbt Rohwer: „Wir müssen die Wertigkeit des Ehrenamts erhöhen, weil es nur leben kann, wenn es in ein festes demokratisches Geflecht eingewoben ist!“
Demut, vor der Leistung des Anderen, helfe; zu fragen, was man tun und wie man helfen könne, auch. „Wir konterkarierten uns selbst, fragten wir immer nur, warum etwas nicht funktioniere, anstatt uns mehr auf das zu konzentrieren was geht und was machbar ist!“