Kerstin Lauterbach

Kerstin Lauterbach, Vorsitzende des Petitionsausschusses

Vorsitzende des Petitionsausschusses

„Man kann nicht alles in Gesetze gießen“

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Kerstin Lauterbach im Gespräch mit Petenten

Es ist ein Verfassungsrecht, von dem natürlich jeder Gebrauch machen kann: in den Artikeln 35 und 53 der Sächsischen Verfassung ist das Petitionsrecht beschrieben. Folgerichtig hat der Sächsische Landtag einen eigens dafür zuständigen Ausschuss eingerichtet. Der Vorsitz liegt bei Kerstin Lauterbach (DIE LINKE). Wir haben sie einen Tag lang begleitet.

In der Tür zu ihrem Büro steht eine zierliche, freundlich lächelnde Frau mit wachem Blick und einer Ausstrahlung, die Kompetenz und Gelassenheit gleichermaßen transportiert. Kerstin Lauterbach, so ist im „Volkshandbuch“ des Sächsischen Landtages nachzulesen, stammt aus Halle/Saale, lebt aber in Großenhain und ist dort Stadträtin gewesen, von 2004 bis 2006, und nun wieder seit 2009. Als Abgeordnete und Mitglied des Sächsischen Landtages feiert sie in diesem Jahr ihr Zehnjähriges.

Kerstin Lauterbach ist Berichterstatterin für die Beratung einer Petition, die sich mit Tier- und Naturschutz im Rahmen des Landesjagdgesetzes befasst. Als einmalig bezeichnet sie nun die Tatsache, dass ihr die Fraktionen „vollständig“ den Rücken gestärkt hätten, die Petenten in Sachen „Rotwild in Sachsen“ zu einer informellen Anhörung einladen zu können. Der Vorwurf, den die Petenten gegenüber dem Gesetzgeber formulieren ist so klar wie kurz: „Die Auslegung des Landesjagdgesetzes schadet Tier- und Naturschutz“.

Abschuss zu früh?

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Kerstin Lauterbach während einer Sitzung des Petitionsausschusses

Die Vorwürfe richten sich gegen den Staatsbetrieb Sachsenforst, der beispielsweise durch den „Gruppenabschussplan“ dafür verantwortlich sei, dass Jungtiere – noch nicht „ausgesäugte Jungtiere“ – bereits im Januar eines Jahres zum Abschuss frei gegeben würden. Dies sorge für eine „extrem schmerzhafte“ Verhärtung des nun nicht mehr benötigten Gesäuges bei den Kühen. Dieser Umstand führe recht häufig zu Krebs bei den Muttertieren.

Absolut perfide nannten „NABU“ und die im Erzgebirge angesiedelte „Hege- und Pflegegemeinschaft“ die Feststellung von „Sachsenforst“, das Rotwild zerstöre die Aufforstung durch Verbiss. „Wenn“, so einer der Petenten, „die Stellen für die Nahrungsaufnahme immer mehr reduziert werden, dürfen wir uns nicht erstaunt zeigen, wenn die Tiere das fressen, was noch für sie erreichbar ist!“

Die mitgereisten Kommunalpolitiker verwiesen darauf, dass für die verantwortlichen Abgeordneten auch die Verpflichtung bestehe, die Schöpfung zu erhalten und zu befördern und nicht, sie zu torpedieren. Die Qualität und die Bürgernähe einer Regierung könnten eben vor allem an ihrem Umgang mit Natur und Umwelt gemessen werden. Schließlich sei es nicht wirklich hilfreich, kritische und widersprechende Stimmen in die Nähe von „dumpfen Nörglern“ zu setzen: „Ich bin ein Freund des Erzgebirges, seines Waldes und seines Wildes“, erklang es trotzig.

Am Ende steht Zukunftsorientiertes: „Wir brauchen ein Rotwildmanagement im Rahmen einer konzertierten Aktion und kein Oktroi, das den Erhalt des Rotwilds mittelfristig unmöglich macht!“ Lauterbach zeigt sich zufrieden, ob der Darstellung nun auch der Petenten.

Äußerst unprätentiös leitet Lauterbach am Nachmittag die Sitzung des Ausschusses. Alle Mitglieder des Landtags (MdL) hatten sich zuvor in Arbeitskreisen zu den anhängigen Petitionen beraten und äußern im Ausschuss Änderungs- und Ergänzungswünsche. Die Erfahrung aus der Arbeit im Petitionsausschuss – Mitglied ist sie dort seit 2006, den Vorsitz hält sie seit 2014 – hilft ihr, aufbrausende Gemüter schnell zu beruhigen.

Fragen nicht immer vollständig beantwortet

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Kerstin Lauterbach im Gespräch

Das Grundrecht auf Petition aufrecht zu erhalten, sei eine zentrale, aber – vor allem was den Arbeitsaufwand betreffe – nicht zu unterschätzende Aufgabe: „Fragen der Petenten werden von Institutionen, auch mal der Staatsregierung, nicht immer vollständig und umfassend beantwortet“. Das sei misslich, liege aber im Bereich des „Normalen“ und sei im Allgemeinen nicht auf Faulheit oder gar Böswilligkeit zurückzuführen. Das Recht auf Petition verkürze Abstände zwischen Politikern und Bürgern. Das wiederum gehe nicht ohne Verständnis und Einfühlsamkeit. Alles könne eben nicht einfach in Gesetze gegossen werden. An dieser Stelle sei ein großes Dankeschön an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Petitionsdienstes angebracht, die stets neutral und sachorientiert beraten und mitdenken würden.

„Politik ist für mich die Kunst, dem Bürger das Engagement für ihn zu erklären!“ Die Arbeit im Parlament sei die Theorie, die zur täglich neu zu erfindenden Praxis gehöre. Es gelte, einen Spagat zwischen „Eile“ und „Weile“ aufzulösen. Gestalten sei da manchmal wirklich nicht einfach. Die Arbeit in der Opposition sei wahrlich nicht immer schön, aber sie sei wichtig. „Und“, fügt sie lächelnd hinzu, „der Kontakt zur Basis ist entscheidend, um bodenständig zu bleiben“.

Lauterbach ist vor allem die Arbeit mit und für die Jugend wichtig. Diese Arbeit hat sie nahezu ihr „ganzes politisches Leben“ hindurch begleitet. Mit großer Gelassenheit akzeptiert sie diese aufreibende und anstrengende Arbeit, so nahe an den Menschen. „Wir müssen uns den Bürgern und vor allem den jungen Menschen zeigen, mit ihnen reden und ihre Sorgen ernst nehmen!“ Sie lächelt und bleibt dennoch ernst: „Dazu müssen wir sie aber erst einmal kennen!“

Unterwegs mit Kerstin Lauterbach