NSU-Untersuchungsausschuss beschließt Abschlussbericht

52/2019 Datum 03.06.2019

- 70 Zeugen vernommen / Aktenbestand von 1.572 Aktenordnern

Der Untersuchungsausschuss „Neonazistische Terrornetzwerke in Sachsen“ hat heute seinen Abschlussbericht verabschiedet. Der Sächsische Landtag hatte die Einsetzung des Ausschusses 2015 beschlossen, um mögliche Versäumnisse der Behörden im Umgang mit der Terrorgruppe NSU aufzuklären.

Das parlamentarische Gremium führte 43 Sitzungen durch und vernahm 70 Zeugen, davon vier Zeugen mehrfach. Vom Ausschuss wurden 51 Beweisanträge zur Anforderung von Unterlagen beschlossen. Daraus ergibt sich ein Aktenbestand von 1.572 Aktenordnern. Insgesamt tagte der Untersuchungsausschuss etwa 160 Stunden.

Der Abschlussbericht des Ausschusses umfasst 203 Seiten. Das Papier wurde von der Mehrheit des Untersuchungsausschusses in einer Sitzung am heutigen Montag beschlossen. Es gab zudem ein Minderheitenvotum der Fraktionen Die Linke und der Grünen.

Zur Arbeit des Untersuchungsausschusses erklärt Vorsitzender Lars Rohwer:

„Die Leitung des Untersuchungsausschusses war für mich ein Stück zur Widergutmachung des abscheulichen und menschenunwürdigen Unrechts, welches die NSU-Terroristen gegenüber den unschuldigen Opfern und deren Familien ausgeübt haben. Mir war es ein Bedürfnis als Mensch und Politiker zugleich herauszufinden, inwiefern die Behörden im Freistaat Sachsen eine Mitschuld treffen könnte.

Im Ergebnis des heutigen Mehrheitsbeschlusses im Untersuchungsausschuss kann ich sagen, dass es keine nachweisbare Schuld der Behörden des Freistaates Sachsen gibt, aber leider hat es im Landesamt für Verfassungsschutz eine inkongruente Auswertung der vorliegenden Informationen aus dem NSU-Umfeld gegeben. Diese Mängel sind mittlerweile abgestellt, davon konnte sich der Ausschuss in konkreten Zeugenbefragungen überzeugen.

Im Bereich der Ermittlungsbehörden wünschen sich aber die Ausschussmitglieder zukünftig nicht nur Dienst nach Vorschrift, sondern das notwendige Quäntchen mehr an Einsatz, um neue terroristische Tendenzen im politisch motivierten Bereich frühzeitig aufzudecken und eine derartige Missachtung der Menschenrechte durch terroristische Gewalt nicht erneut zuzulassen. Eine Terrorserie wie die des NSU muss nach allen menschlichen Möglichkeiten einmalig bleiben und darf sich keineswegs wiederholen.

Die Aufrichtigkeit der Betroffenheit der Parlamente in Bund und Land zeigen die verschiedenen Untersuchungsausschüsse, die zeitgleich zu diesem Themenkomplex intensiv und aufwändig gearbeitet haben. Für Sachsen haben wir heute unsere Untersuchungen beendet und legen nun die Ergebnisse dem Landtagsplenum und damit auch der Öffentlichkeit zur Diskussion vor.“

Das Parlament wird voraussichtlich im Juli 2019 über den Bericht des Untersuchungsausschusses debattieren.

Hintergrund:
Für bestimmte Aufgaben können vom Landtag zeitlich befristete Ausschüsse gebildet werden. Dazu gehören insbesondere die nach dem Untersuchungsausschussgesetz zu bildenden Untersuchungsausschüsse, die einen im Einsetzungsbeschluss genau beschriebenen Sachverhalt zu untersuchen haben.

Thema des Untersuchungsausschusses:
„Untersuchung möglicher Versäumnisse und etwaigen Fehlverhaltens der Staatsregierung und der ihrer Fach-, Rechts- und Dienstaufsicht unterliegenden Sicherheits-, Justiz-, Kommunal- und sonstigen Behörden im Freistaat Sachsen beim Umgang mit der neonazistischen Terrorgruppe, die sich selbst als Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) bezeichnet, deren personell-organisatorischem Umfeld und etwaigen Unterstützernetzwerken, insbesondere im Hinblick auf ihre Entstehung, Entwicklung und ihr Agieren in bzw. von Sachsen aus sowie bei der Aufklärung, Verfolgung und Verhinderung von Straftaten, die der Terrorgruppe NSU und ggf. den mit ihr verbundenen Netzwerken zurechenbar sind und den hieraus zu ziehenden Schlussfolgerungen.“