Enquete-Kommission zur Qualität der Pflege in Sachsen legt Abschlussbericht mit Handlungsempfehlungen vor

11/2019 Datum 23.01.2019

Die Enquete-Kommission „Sicherstellung der Versorgung und Weiterentwicklung der Qualität in der Pflege älterer Menschen im Freistaat Sachsen“ hat ihre Arbeit nach drei Jahren fertiggestellt. In 21 Sitzungen hörte das parlamentarische Gremium 70 Sachverständige an und holte 36 schriftliche Stellungnahmen ein.

In ihrem Bericht gibt die Kommission auf etwa 400 Seiten zahlreiche Handlungsempfehlungen. Das Papier wurde von den Mitgliedern ohne Gegenstimmen bei vier Enthaltungen verabschiedet.   

 

„Während der Kommissionsarbeit einte die Mitglieder das Ziel, die pflegerische Versorgung angesichts der immer älter werden Gesellschaft in Sachsen langfristig zu verbessern. Wir haben fraktionsübergreifend und in aufwändiger Detailarbeit die Lage analysiert und nach Lösungen gesucht, die künftig in die Landespolitik einfließen werden“, sagte der Kommissionsvorsitzende Oliver Wehner (CDU) bei der Vorstellung des Abschlussberichts.

 

„Die Kommission hat sich besonders mit drei Handlungsfeldern auseinandergesetzt: erstens, mit den Pflegebedürftigen, deren Angehörigen und dem Ehrenamt; zweitens, mit dem Arbeits- und Berufsfeld Pflege; und drittens, mit der pflegerischen Versorgungsinfrastruktur. Für alle Bereiche hat die Kommission Vorschläge erarbeitet“, so Wehner.

 

Die zehn wichtigsten Punkte aus Sicht der Enquete-Kommission sind:

 

1. Sicherstellung der pflegerischen Versorgung in der eigenen Häuslichkeit mit vielfältigen Ansätzen, innerhalb des Quartiers, der Stärkung der Angehörigenpflege, des Ehrenamtes sowie der Beratung

2. Verringerung des finanziellen Risikos von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen, welche die Pflege übernehmen

3. Etablierung alternativer Wohnformen für ältere und/oder pflegebedürftige Menschen, um vielfältiges Leben im Alter auch bei Unterstützungsbedarf sicherzustellen. Dafür soll das Sächsische Betreuungs- und Wohnqualitätsgesetz novelliert werden. Förderverfahren im Bereich Wohnen sollen im Hinblick auf Beantragungshürden und administrative Anforderungen vereinfacht und verbessert werden.

4. Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die ambulante Pflege und deren Vergütungsstruktur für Pflegeleistungen sowie Anpassung an die heutigen hohen Anforderungen der Leistungserbringer. Alle Einzelleistungen, die in einem ambulanten Einsatz erbracht werden, sollen vergütet werden. Die bisher in den Vergütungen bereits enthaltenen Fahrpauschalen sind anzupassen bzw. separat auszuweisen und insbesondere für den ländlichen Raum zu erhöhen. Im stationären Bereich ist die medizinische Versorgung aufzuwerten.

5. Die Kommunen in Sachsen müssen im Hinblick auf die demografischen Herausforderungen weiterhin gestärkt sowie finanziell und unbürokratisch unterstützt werden. Daher erhalten sie bereits seit 2018 eine pauschale finanzielle Zuweisung (Pflegebudget), um die pflegerische Infrastruktur zu verbessern (z. B., um die Arbeit der Pflegekoordinatoren zu unterstützen und Angebote auszubauen).

6. Etablierung einer Kultur der Anerkennung, der Wertschätzung und des Respekts für alle Pflegenden sowie einer Kultur der sorgenden Gemeinschaft; Erarbeitung von Maßnahmenkatalogen zur Stärkung der Prävention für Pflegekräfte, pflegende Angehörige und Menschen mit erwartbarem Pflegebedarf sowie die Entwicklung, Umsetzung, regelmäßige Evaluation und Fortschreibung eines Handlungsplans zur Entlastung pflegender Angehöriger unter verbindlicher Beteiligung von Interessenvertretern pflegender Angehöriger.

7. Pflegeberufe müssen attraktiver gestaltet werden. Arbeits- und Rahmenbedingungen für Pflegekräfte müssen verbessert werden. Den Pflegekräften muss es ermöglicht werden, ihren Job so zu machen und ihre Kompetenzen rechtlich abgesichert so einzusetzen, wie sie es erlernt haben – mit Zeit und Fachlichkeit für jeden Einzelnen. Nur so verbleiben unsere gut ausgebildeten Pflegekräfte im Beruf und nur so können neue Pflegekräfte gewonnen werden. Die Einführung der Selbstverwaltung innerhalb des Pflegeberufes (Pflegekammer) ist zu prüfen.

8. Stärkung von Rahmenbedingungen und Steigerung der Attraktivität einer Ausbildung in den Pflegeberufen – von der Pflegehilfe bis hin zum Master.

9. Die sektorale Zergliederung, die starren Grenzen der Sozialgesetzgebungen sowie die Finanzierung des gesamten Pflegesystems sind zu überdenken. Es ist auf eine integrierte und übergreifende Versorgung sowie auf eine angemessene Finanzierung des Pflegebereiches hinzuwirken.

10. Schaffung einer umfassenden Datengrundlage sowohl auf Seiten der Pflegebedürftigen (Ausweitung der Pflegestatistiken) als auch auf Seiten der Pflegekräfte (Monitoring) und der Versorgungsinfrastruktur (Bedarfsplanung, integrierte Sozialplanung).

 

Das Parlament wird voraussichtlich im Januarplenum (30.01.2019) über den Bericht debattieren.

 

Hintergrund:

Die Enquete-Kommission war im Dezember 2015 durch einen einstimmigen Beschluss des Landtags eingesetzt worden. Ihr gehörten 25 Mitglieder an, darunter auch externe Experten, die von den Fraktionen benannt wurden. In den Sitzungen erfolgten zudem Anhörungen von Sachverständigen und Experten aus dem Fachbereich Gesundheit und Pflege.